«Wir sind für alle da, haben ein offenes Ohr, sind hellhörig», sagt Rolf Friedli, Initator des Spielbistros und Infomobil in Kehrsatz. zVg

Kaffee und Tipps aus dem Bauwagen

Jugendprojekt in Kehrsatz

Sein Herz ausschütten. Praktische Tipps erhalten – und Hilfe zur Selbsthilfe: Seit einem halben Jahr ist der Bauwagen im multikulturellen Hängele-Quartier in Kehrsatz nicht nur ein Spielbistro, sondern auch ein Infomobil.

Von Marcel Friedli

Das Hängele-Quartier in Kehrsatz klebt an einem Schattenhang. Würde sich die Sonne hier häufiger zeigen und auf die Häuser strahlen, könnte dies darüber hinwegtäuschen, dass die Plattenbau-Siedlung aus den 1970er-Jahren nicht in bestem Zustand ist. Das Quartier ist abgetrennt durch ein Feld, hinter dem eine andere Welt beginnt: jene der Menschen, die in beschaulichen Einfamilienhäusern mit wohlgeordneten Gärten leben.

Im Hängele leben viele provisorisch aufgenommene Migrant:innen sowie Menschen mit kargen Budgets. Zwar ist es durch die kulturelle Vielfalt lebendig – aber es gibt viel Potenzial für Konflikte.

Hellhörig sein

Dieser Thematik begegnet man in der Gemeinde Kehrsatz seit einem halben Jahr mit einem neuen Angebot: mit dem Infomobil. Donnerstags am Nachmittag, wenn die Kinder in der Schule sind, trifft man sich hier zu Tee und Kaffee. Hier, das heisst vor dem Bauwagen. Vor Ort sind Freiwillige und Fachpersonen der Gemeinde. «Wir sind für alle da, haben ein offenes Ohr, sind hellhörig», sagt Rolf Friedli (vgl. Box 1) von der Fachstelle Kinder und Jugend der katholischen Kirche Region Bern. «Merken wir, dass es sich um ein dringendes Anliegen oder um etwas Persönliches handelt, gibt es die Möglichkeit, das Gespräch im Wagen fortzusetzen.» Dabei handelt es sich um eine Art Triage, einem Gespräch von bis zu zwanzig Minuten.

«Oft drücken Geldsorgen, erschweren Eheprobleme das Leben», sagt Rolf Friedli. «Oder es handelt sich um Fragen der Erziehung und Ernährung. Je nachdem vereinbaren wir einen weiteren Termin oder verweisen an Fachstellen. Manchmal können wir sofort helfen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, eine Adresse zu finden, wo man sein Deutsch verbessern kann.»

Stets das Leitmotiv: Ratsuchenden helfen, sich selber zu helfen – sie so viel wie möglich selber machen lassen. Sei es beim Verfassen von Mails oder bei der Suche nach relevanten Infos im Internet.

Brücken bauen

Das Angebot ist gefragt: An einem Donnerstagnachmittag finden laut Rolf Friedli bis zu zwölf Beratungsgespräche statt. Der Bauwagen gehört zum Erscheinungsbild des Quartiers: als Spielbistro; als Angebot für Kinder, die hier mit anderen spielen. Und so die Eltern entlasten, ihnen Tapetenwechsel bieten: Gelegenheiten für Kontakt und Austausch.

Etliche Stammgäste arbeiten als Freiwillige sowohl beim Spielbistro als auch beim Infomobil mit. «Sie kennen das Quartier und die Bewohner*innen», sagt Rolf Friedli. «Zudem bauen sie Brücken in die unterschiedlichen Kulturen und verstärken das Vertrauen.»

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Gastgeber:
Rolf Friedli leitet das Spielbistro in Kehrsatz. Das Projekt soll ab nächstem Sommer in die Verantwortung der Gemeinde Kehrsatz übergehen. Beim Infomobil vertritt der 61-Jährige die katholische Kirche Region Bern, dies in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Kehrsatz und der Kirche vor Ort. Seit 22 Jahren arbeitet er als ausgebildeter soziokultureller Animator bei der Fachstelle Kinder und Jugend der katholischen Kirche Region Bern.

Mobiler Jugendraum
Wie in Kehrsatz spielt auch in Münsingen ein mobiler Bauwagen eine zentrale Rolle: Einen solchen haben Jugendliche mit Begleitung des soziokulturellen Animators Pierino Niklaus in einen Raum verwandelt, in dem sie ihre eigenen Ideen umsetzen können. «Das Ziel dieses Projektes der offenen Jugendarbeit echo ist es», sagt Pierino Niklaus, «Eigeninitiative und Selbstverantwortung von Jugendlichen zu fördern.»
echo ist die offene kirchliche Jugendarbeit der reformierten und katholischen Kirche Münsingen.

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