Kirchenfenster der Kirche Bruder Klaus, Biel.
Foto: Niklaus Baschung

DIE EINHEIT IN DER VIELFALT ERFINDEN

EIN OFFENER ABEND HAT DURCH DIE BERICHTERSTATTUNG ZU IRRITATIONEN GEFÜHRT. DIE MODERATORIN DES ABENDS, ELSBETH CASPAR, STELLT IHRE SICHT DAR.

EIN OFFENER ABEND HAT DURCH DIE BERICHTERSTATTUNG ZU IRRITATIONEN GEFÜHRT. DIE MODERATORIN DES ABENDS, ELSBETH CASPAR, STELLT IHRE SICHT DAR.

Die Erkenntnisse der Missbrauchstudie, die am 12. September veröffentlich wurden, erschrecken. Wie konnte dies so lange verschwiegen und unter dem Deckel gehalten werden? Viel wurde in den Medien in den letzten Tagen darübergeschrieben. Was macht dies mit den Menschen in unserer Kirche in Biel? Wie leben sie diesen Schock, falls sie noch Interesse haben am kirchlichen Leben? Welche Fragen bewegen sie?

An der erweiterten Pastoralkonferenz vom 19. September, zu der alle deutschsprachigen kirchlichen Angestellten, die pensionierten Theologen und Theologinnen in Biel und die dt. Vertreter der beiden Kirchgemeinden Biel und Pieterlen, zusammen mit dem Pastoralraumrat eingeladen waren, diskutierten wir diese Fragen. Was können wir tun? Die Konferenz einigte sich darauf, einen offenen Brief an Bischof Felix zu schreiben und gleichzeitig zu einer Aussprache am Sonntagabend, 24. September einzuladen. Pfarreiseelsorgerin Carole Imboden und die Präsidentin des Pastoralraumrates, Elsbeth Caspar, hatten die Moderation des Abends vom 24. September übernommen. 20 Menschen leisteten der Einladung Folge.

Natürlich hatte auch die Presse an diesem brisanten Thema ein Interesse. So tauchten unangemeldet 2 Journalisten vom Bieler Tagblatt auf. Wie bei jedem öffentlichen Anlass stellte sich die Frage: Weisen wir die Presse weg, weil es ein interner Anlass ist, oder lassen wir sie zu? In diesem Fall entschieden die Veranstalter, die Presse zuzulassen.

Eine Mutter teilte die Sorge, dass ihre halbwüchsigen Kinder in keiner Weise mehr zu motivieren sind, sich in dieser Kirche zu engagieren. «Was sollen wir noch in dieser Kirche, die so viel Missbrauch verantworten muss?». Eine andere, ältere Person bedauerte, dass die Gemeinschaft in der Kirche immer mehr zurückgehe, sie sich in Biel immer noch beheimaten möchte – trotz allem. Da wurde plötzlich die neue Initiative in Biel ‘Kirche mit den Menschen’ ein wichtiges Thema – trotz allem. Die Sorgen der Kirchenmitglieder in Biel tauchten auf. Ich selber nahm mir vor, dass wir vom Pastoralraumrat her von Zeit zu Zeit eine solche öffentliche Aussprache anbieten.

Natürlich gab es auch radikale Töne: «Sollten wir Bischof Felix – wie an anderen Orten - die Finanzen streichen?». Wahrheitsgetreu machten wir darauf aufmerksam, dass es in der komplizierten mehrsprachigen Situation Biels sehr schwer sei, einen gemeinsamen Handlungsnenner zu finden. Vielfalt der Kulturen zu leben stellt hohe Anforderungen!

Erstaunt stellten wir am nächsten Tag fest, dass die Presse aus diesem Anlass mit einem reisserischen Titel und einem Bild des Pastoralraumleiters, der an diesem Abend eher zuhörte als selber das Wort ergriff, ein anderes Thema gemacht hatte: Spaltung zwischen den Sprachkulturen. Man hatte den Eindruck, der Verlauf des Gesprächs sei für sie Nebensache gewesen. Viel wichtiger war, mit einem sensationserheischenden Titel Aufmerksamkeit zu gewinnen. Sprachgräben gehen in Biel immer!

Natürlich, die Einheit in der Vielfalt müssen wir in Biel immer wieder neu erfinden. Das ist schmerzlich und anspruchsvoll. Das wissen wir alle. Wie kommen wir da einen Schritt weiter? Lasst uns gemeinsam darüber nachdenken.

Elsbeth Caspar

 

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