"Freunde" - Paste-up des Streetart-Künstlers Tim Ossege alias SeiLeise aus Köln. - Aufgenommen an einer Hauswand in Köln-Ehrenfeld im März 2022. - Foto: P. Bernd

Frohe Weihnachten!

DAS PASTORALRAUMTEAM WÜNSCHT ALLEN FREUNDLICHKEIT UND FRIEDEN

Gemeinsam

Vergesset nicht
Freunde
wir reisen gemeinsam

besteigen Berge
pflücken Himbeeren
lassen uns tragen
von den vier Winden

Vergesset nicht
es ist unsre
gemeinsame Welt
die ungeteilte
ach die geteilte

die uns aufblühen lässt
die uns vernichtet
diese zerrissene
ungeteilte Erde
auf der wir
gemeinsam reisen

Rose Ausländer


Liebe Mitmenschen

Gerne grüßen wir vom Pastoralraumteam alle unsere Mitmenschen mit dem Weihnachts- und Neujahrsbrief, den wir allen freiwillig Engagierten und Mitarbeitenden gesendet haben. - Sollte aus diesem Kreis jemand vergessen worden sein, meldet Euch bitte bei uns…

Wovon sprechen die letzten Tage des Jahres zu uns – im Jahr 2022?
Es wird kaum einen Menschen in unserem Land geben, der nicht eine Kerze anzünden wird und mit dem warmen flackernden Licht einen Wunsch verbindet.

Es sind unter uns Menschen für immer gegangen. Die jüngeren unter ihnen werden nicht die Wege gehen, die wir ihnen so sehr gewünscht hätten. Umso mehr wiegen deren beherzten Schritte ins Leben, die Freundschaft, die sie uns gegeben haben. Erinnerung kann wehtun, aber sie lässt uns nach den Tagen voraus und in ein neues Jahr fragen. Es bleibt an uns, das Leben weiterzutragen. So wäre es wenigstens gedacht: Durch schwere und leichte Zeiten.

Kaum haben wir gelernt, mit «Corona» zu leben, dankbar für die Forschenden, die unser Wissen um ein Virus nüchtern vergrössert und uns damit ein Leben zurückgegeben haben, das wir gerne unbeschwert geniessen, singend und tanzend, weinend und einander haltend, leidenschaftlich und kämpfend, miteinander um einen grossen Tisch oder am liebsten im Kreis der Freund*innen; kaum also haben wir «unser Leben» zurück, kehrt 2022 das Gespenst des Krieges nach Europa zurück. Dabei hatten wir «unsere Kriege» in die armen Winkel der zerrissenen Erde und meistens aus unseren Köpfen verbannt: Dorthin, wo die wenig hinterfragte Art, zu wirtschaften und immerzu Menschen und Erde von den imperialen Zentren her auszubeuten, schnell vergessen lässt, dass es unsere gemeinsame Welt und die ungeteilte Erde ist, die aus Gier und Unverstand und dem Verdrängen der Ursachen aller Kriege zur «geteilten und zerrissenen» wird.

Mitten in Europa sprechen wir über Energiesparen, über Preise für das tägliche Leben, über Wohnen und über Milliarden für Waffen, über das Klima, über Angst und ein wenig über die Zukunft, darüber, dass die Krise die Reichen ein weiteres Mal reicher macht und die Armen sich weiter einschränken sollen. Und warum es nicht gelingt, damit aufzuhören. Wie eine Sprachenverwirrung in unseren Köpfen.

Die Liturgie vom ersten Advent war geprägt von einem der «Kernsätze» biblischer Befreiungsbotschaft: „Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzen zu Winzermessern. Sie erheben nicht das Schwert, Nation gegen Nation, und sie erlernen nicht mehr den Krieg“ (Micha 4,2 und Jesaja 2,4). Dieser Einspruch mahnt dazu, an die Ursachen zu gehen und bestimmt Kirche politisch – aber parteilich dabei: gegen alle Verkehrungen und Grenzziehungen, die Menschen von Menschen trennt, unter uns Geflüchtete entrechtet und sie tiefer existentieller Angst ausliefert. Menschen der Bibel stellen den «rechtsstaatlichen» Ausschluss von Menschen, die systemische Verletzung der Menschenrechte, jede Entrechtung in Frage und alle Verhältnisse, die in dieser Welt ein oben und unten, dazugehörig und ausgeschlossen zementieren. Das deuten wir mit der Rede von einer «Menschwerdung» an, die uns zum Geheimnis von Weihnachten führt: Dass wir nur in der Geschichte von Menschen von Gott sprechen und durch ihre Praxis «Welt gerettet» wird: Menschen seines Willens, Menschen der Tora.

In dem Jugendbuch, das dieses Jahr in zwei der Weihnachtsgottesdienste vorgestellt wird (Sharon Cameron: Das Mädchen, das ein Stück Welt rettet) sagt Stefania, die Heldin des Romans, der auf einer wahren Geschichte beruht, dass es für ihren Freund keine Freundlichkeit gegeben hat. Vielleicht erwarten wir keine Weihnachtsbotschaft, die so einsteigt, aber sie spricht davon und erinnert kraftvoll daran, dass in einer Welt, in der es für viele Menschen keine Freundlichkeit gab oder gibt, die Freundlichkeit Gottes, die Menschen als Gleiche unter Gleichen meint, sichtbar werden soll. Mit Weihnachten setzt die faszinierende und subversive Geschichte des Menschen Jesus ein.

Die Freundlichkeit Gottes wird von Menschen auch in vielen alltäglichen Situationen gelebt, praktiziert, bezeugt. Auch das grosse Engagement in unserer weitläufigen christlichen, mehr oder weniger kirchlichen Gemeinde in und rund um Biel/Bienne, z.B. im Pastoralraum Biel-Pieterlen, und darüber hinaus zeigt viel Gastfreundlichkeit, Kreativität, Einsatzfreude, Vielgestaltigkeit, starkes und mutiges Wort, menschenrechtlichen Einsatz, Offenheit für Menschen gleich welcher Herkunft, gleich welcher Konfession oder Religion, gleich welcher Identität, gleich welchen Alters. Die ökumenische Verbundenheit mit wunderbaren Menschen trägt uns. Sie wird vielfältig und überzeugt, menschenrechtlich und engagiert gelebt und gefeiert.

Dass wir gemeinsam reisen auf der zerrissenen und ungeteilten Erde, wie Rose Ausländer erinnert, das zeigt auch Ihr mit Eurem Einsatz.

Dafür danken wir Euch: Für Euer vielfältiges Tun, Euer Hinstehen und Eure Solidarität, für Eure stärkenden Mahlzeiten, Musik, Stimme oder was auch immer. Merci beaucoup für Euer tolles Engagement oder Eure Kollegialität!

Darum verbinden wir damit unsere herzlichen Wünsche für Euch für das Weihnachtsfest und das neue Jahr: Wir wünschen Euch Trost, wenn Ihr ihn braucht, Kraft und Mut, subversive Hoffnung, einen kämpferischen Glauben, Worte, mit Liebe gefüllt, und den Segen dessen, der befreiend unter Menschen da sein will.

Frohe Weihnachten und Schalom für den Übergang in das Jahr 2023, für das wir Euch das Beste wünschen: Freundschaft und Freundlichkeit.

Das Team des Pastoralraum Biel-Pieterlen

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