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Mutige Schritte ins Neue

RETRAITE21 IM PASTORALRAUM BIEL-PIETERLEN

Der Pastoralraum Biel-Pieterlen ist in seiner jetzigen Form noch sehr neu. Diskussions- und Gesprächsbedarf sind im Zuge der Coronapandemie zwischen Ängsten, Verunsicherungen und Vorschriften zu kurz gekommen. Darin tauchten sehr persönliche Fragen auf und mussten ungewohnte Wege gegangen werden. Aber auch Grundsätzliches drängte sich auf: Hätte Kirche nicht mehr zu der Herausforderung dessen sagen müssen, was u.a. Ton Veerkamp die Welt, aber die «Welt anders» nannte. Die prägende Aussage von Dorothee Sölle «Jeder theologische Satz muss auch ein politischer sein» deutet an, in welcher und wessen Tradition auch Kirche vor Ort steht und dass mitunter quälende Finanz- und Personalfragen niemals bestimmend sein dürfen. Dabei ist es wichtig, dass Menschen im Gespräch bleiben, dass man und frau Zeichen setzt.

Leitfaden "Reich-Gottes-Praxis"

Daher hat das Pastoralraumteam beschlossen, im Oktober eine Retraite durchzuführen, die der Ausgangspunkt für die Formulierung eines Leitbildes des Pastoralraumes sein soll, das sich an der Mitte der Botschaft Jesu orientiert: Dem «Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit für die Erde». Dieses Leitbild soll konkret werden im Hinblick auf die verschiedenen Kategorien von Pastoral, sagen, was wir tun, konkrete Ziele benennen, die in den Dialog mit den staatskirchenrechtlichen Gremien einfliessen sollen. Stichworte sind z.B.: Ganzheitliche Solidarität, Offenheit für Unangepasste, Teilhabe, herrschaftsfreie Leitung, Vernetzung mit menschenrechtlich engagierten Frauen, Männern und Jugendlichen in Biel/Bienne und in den Dörfern statt abgrenzende Kontrastgesellschaft, liturgische Feiern als symbolische Praxis des Reiches Gottes statt magisch-dogmatischer Kult, Mitarbeit an einer Gesellschaft gleicher Würde und Teilhabe aller, Option für Arme und Bedrängte, Einsatz für eine alle Menschen fördernde und die Natur achtende Sozial-, Entwicklungs- und Friedenspolitik wie bei der Konzernverantwortungsinitiative.

Worum es geht…

Worum es geht, machte bereits genannte Dorothee Sölle schon 1967 in ihrem Statement Kirche ausserhalb der Kirchemit kraftvollen Worten deutlich, die nichts von ihrer Aktualität eingebüsst haben:

«Wenn die Menschen ausserhalb der Kirche als Randsiedler angesprochen werden, so liegt solchem Reden ein Denkbild zugrunde, eine bestimmte leitende Vorstellung, die sich ohne Mühe auf ein Blatt Papier zeichnen lässt. Der Mittelpunkt dieses Bildes ist Christus, um ihn herum im Kreis seine Gemeinde, die den Kern bildet. Um diesen Kreis herum gibt es in einer gewissen Entfernung noch einen weiteren Kreis, dessen Horizontlinie unterbrochen und nur gestrichelt ist – das sind die Randsiedler, deren Abgrenzung von der Kirche diffus bleibt. Ausserhalb dieses zweiten Kreises findet sich dann die Welt und ihre Kinder. Dieses Bild ist theologisch falsch. Christus ist nicht der Mittelpunkt, der von der Welt durch den Schutzwall der Kerngemeinde getrennt wäre. Auch heute hat Christus seinen Ort noch dort, wo ihn vor 2000 Jahren Jesus von Nazareth fand – bei den Zöllnern und Sündern, bei den Randsiedlern und Atheisten. Warum hat Jesus zu diesen Leuten gehalten? Weil er Menschen nicht ansah nach ihren Lebensgewohnheiten, ihren Ansichten über Gott und Unsterblichkeit, sondern nach ihren Erwartungen.»

Darum wird es gehen: Wahrzunehmen, wo sich «Kirche Jesu» ereignet – auch ohne Bekenntnis und Zugehörigkeit. Sich auf diese Menschen «seines Willens» einzulassen.

Peter Bernd

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