Ursula Magri hat bereits mehrmals an einer Fastenwoche teilgenommen.
Foto: Niklaus Baschung

Fastende verspüren eine grosse Leichtigkeit

Nach einer Fastenwoche fühlt sich Ursula Magri wie neu geboren. "Ich verspüre mehr Mut, mehr Elan." Auch dieses Jahr wird sie deshalb an einer solchen Woche in Biel teilnehmen. AnfängerInnen rät sie, eine ruhige Haltung im eigenen Alltag einzunehmen und sich nicht durch zu viele Pläne unnötig zu belasten.

Was ist Ihre persönliche Motivation an einer solchen Fastenwoche teilzunehmen? 

Ursula Magri: Vor gut vierzehn Jahren habe ich das erste Mal mitgemacht und habe seither festgestellt, dass Fasten für mich etwas sehr Wichtiges geworden ist, das ich nicht mehr missen möchte. Einmal im Jahr auf alles verzichten können und dabei erstaunt feststellen, dass der Körper mit wenig auskommt, obwohl sonst alles im Übermass vorhanden ist. Auch gesundheitliche Gründe motivieren mich: Ich kann richtig entschlacken. Nach einer solchen Woche fühle ich mich wie neu geboren, ich verspüre mehr Mut, mehr Elan.

 Wie haben die Erfahrungen bei diesen Fastenwochen Ihre Einstellung dazu verändert?

 Im ersten Jahr hatte ich etwas Angst davor, denn ich war damals noch voll erwerbstätig. Wie kann ich das Fasten bei meiner anspruchsvollen Lebensführung wohl aushalten? habe ich mich gefragt. Doch dann gewann ich jeden Tag mehr Zuversicht dazu. Entscheidend waren dabei die täglichen Treffen mit den anderen Teilnehmenden. Ohne diesen Austausch in der Gruppe wäre das Durchhalten kaum möglich gewesen.

 Weshalb ist diese Gruppe so wichtig? Welche Funktion hat sie?

 Ich habe schon an unterschiedlichen Formen von Fastenwochen teilgenommen: mit täglichen Gruppentreffen am Abend oder dann als Ferienwoche ausserhalb des Alltags mit mehreren täglichen Begegnungen der Teilnehmenden. Beide Male waren der Austausch sehr bereichernd. Die einen stöhnen zwar, die anderen sind dafür guten Mutes, geben Tipps, etwa wann sie welche Säfte zu sich nehmen. Hauptthema bei den Gesprächen ist - eigenartigerweise - oft das Essen. Die Gruppe hilft durch Ermutigung, denn es braucht Disziplin und diese wird auch durch die Mitverantwortung für die Stimmung und Atmosphäre in der Gruppe gefördert.

 Manche Mediziner stellen in Frage, dass Nahrungsverzicht den Körper entschlacke, weil es solche Schlacken gar nicht gebe. Was meinen Sie dazu?

 Als Vorbereitung auf die Fastenwoche wird durch Einnahme von Glaubersalz oder andern Mitteln der Körper völlig entleert, sonst wäre das Fasten auch kaum auszuhalten. Diese Entleerung verstehe ich als Entschlackung des Körpers. Übrigens: Viele Teilnehmende entwickeln während des Fastens ein grosses Bedürfnis zu Putzen, aufzuräumen, quasi die eigene Wohnung, ihr Büro zu "entschlacken".

 Ist dieses Bedürfnis etwa eher geschlechtsspezifisch?

 (Lacht.) Nein, ganz und gar nicht. Entschlackung findet zudem auch im Kopf statt, indem wir belastende Gedanken abwerfen können, dafür wieder offener werden für neue Ideen. Es gibt verschiedene Fastenmethoden, Welche Form haben Sie selber in Biel mitgemacht? Wir führen eine Saft-Fastenwoche durch. Dies bedeutet, wir trinken Frucht- und Gemüsesäfte, Tee. Ich selber bereite die Säfte jeden Tag frisch zu. Gekaufte Säfte sollte man unbedingt verdünnen, damit sie vom Körper gut aufgenommen werden können.

 Werden während der Fastenwoche auch religiöse Impulse angeboten?

 Ein solcher spiritueller Rahmen mit Gebeten etwa, Taizé-Liedern oder Bibeltexten spricht die Teilnehmenden an und ist sehr wichtig. Sehr geschätzt habe ich selber die Meditationsform mit Shibashi-Übungen, welche die innere Aufmerksamkeit wecken und gleichzeitig Spannungen lösen können.

 Wer eignet sich zum Fasten?

 Eigentlich alle Menschen (soweit keine gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen), die sich auf die notwendige Disziplin einlassen können. Man muss dabei auf seinen eigenen Körper hören, eine ruhige Haltung in seinem Alltag einnehmen und sich nicht durch Pläne, die noch zu erreichen sind, hetzen lassen.

 Auch eine Berufstätigkeit ist weiterhin möglich?

 Das ist weiterhin möglich. Wer sich zu Beginn der Fastenwoche völlig entleert hat, spürt interessanterweise später auch keinen Hunger mehr. Die Lust, etwas zu essen, ist hingegen gross. Die entsteht aber abhängig vom Hungergefühl. 

Wenn ich mich nun entschieden habe, zum ersten Mal an einer solchen Fastenwoche mit zu machen, wie soll ich mich vorbereiten?

 Zum einen kann man mit den Leiterinnen und Leitern der Fastenwochen Kontakt aufnehmen und zusätzliche Informationen einholen. Spätestens eine Woche vor Beginn sollten sich die Teilnehmenden einzustimmen beginnen und mit dem Gedanken anfreunden, dass sie sich für eine solche Fastenwoche entschieden haben. Zur Vorbereitung gehört der Kauf oder die eigene Zubereitung der notwendigen Mittel zur Darmreinigung. Gemüse und Früchte für die Säfte sollten bereitgestellt und genügend freie Zeit für die Fastenwoche offen gehalten werden.

 Besteht nicht die Gefahr, dass ich auf einen solchen ungewohnten Nahrungsentzug mit psychischen Veränderungen reagiere, plötzlich aggressiver werde?Sollte ich mich nicht auch darauf vorbereiten?

 Es passiert eher das Gegenteil. Man fühlt sich durch das Fasten doch viel leichter, sowohl körperlich, wie psychisch. Es kann zwar sein, dass fastende Menschen sich bei möglichen zwischenmenschlichen Konflikten, etwa in der Familie, eher etwas zurückziehen. Aber ich habe selber nie erfahren, dass das Fasten psychischen Stress auslösen könnte. Die meisten Fastenden verspüren eine grosse Leichtigkeit, die auch auf das Alltagsleben ausströmt. 

Interview: Niklaus Baschung

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.