bild: cc, mueritz, flickr.com

Stall oder Stube? (Marie-Louise Beyeler)

Das Kind wird in einem Stall geboren, liegt auf Stroh gebettet, Ochs und Esel schauen zu: Die Szene ist sozusagen Kulturgut. Unzählige Lieder und Geschichten, Darstellungen und Vorführungen beziehen sich auf die Schilderung von der Geburt im Stall, auf die Bibelstelle in Lukas 2, 1-20. Was sollen wir denn mit der Tatsache anfangen, dass die drei weiteren Evangelisten anders berichten? Bei Matthäus wohnt die Heilige Familie in einem Haus (Mt 2,11), Markus beginnt mit der Taufe Jesu (Mk 1,9ff), und im Johannes-Prolog lesen wir vom Fleisch gewordenen Wort (Joh 1,14) – hier haben die äusseren Bedingungen der Geburt Jesu keine Bedeutung. 

Die Verschiedenheit der Erzählungen zeigt uns: Es kann so, es kann aber auch anders gewesen sein. Es geht scheinbar nicht um diese eine konkrete Szene, die ja so gar nichts Idyllisches, sondern etwas Beängstigendes an sich hat. Es hat mich schon als Kind gestört, dass die Krippe, das Stroh, die Tiere immer so „gepützelt“ in der Weihnachtsstube arrangiert wurden, mir schien die Geburt im Stall stets eine eher problematische, mit Mist und Gestank und Umtrieben verbundene Sache zu sein. Heute habe ich verstanden, dass Lukas uns damit in aller Deutlichkeit zeigen will, dass Jesus, der Christus wirklich in diese Welt kommt. Er scheut nicht den Ort abseits der grossen Paläste, nicht den Schmutz, nicht das Ausgeliefert-Sein.

Die unterschiedlichen biblischen Erzählungen wollen, dass wir uns von der immensen Bedeutung der Menschwerdung Gottes ergreifen lassen, dass wir staunen und uns darüber freuen können!

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