Interaktive Weihnachtskrippe - bis am 6. Januar bei der Offenen Kirche am Berner Bahnhofplatz, über die Weihnachtstage auch mit Lebensmitteln für Menschen in Not (Fotos: Andreas Nufer)

Weihnachts-Suppe auf der Gasse

Spontane Hilfe ermöglicht in Bern Weihnachtsessen in kalter Nacht

Spontane Hilfe ermöglicht in Bern Weihnachtsessen in kalter Nacht – bei der interaktiven Weihnachtskrippe der Offenen Kirche beim Bahnhof, der Dreifaltigkeitspfarrei und in der Reithalle.

Menschen ohne Wohnung und mit wenig Geld treffen die Pandemie-Einschränkungen mit voller Wucht. Viele Treffpunkte wie das Offene Haus «La Prairie» oder das Restaurant 44 von «Wohnenbern» mussten schliessen. Nur wenige – von den Berner Kirchen getragene – Einrichtungen wie der Aufenthaltsraum Postgasse oder die Passantenhilfe können den Betrieb in der Bundesstadt teilweise mit Take-away aufrechterhalten. Während viele Weihnachtsfeiern abgesagt werden mussten, bestehen am Heiligabend immerhin diverse Angebote. Doch am Weihnachtstag und in den folgenden Tagen wird es schwieriger. Innert weniger Stunden sind nun verschiedene engagierte Kreise in die Lücken gesprungen: Der Verein Medina in der Reithalle, die Pfarrei Dreifaltigkeit und die Offene Kirche.

Take-away in der Dreifaltigkeitspfarrei

Bereits seit zwei Monaten organisiert der Pfarrer der Dreifaltigkeitspfarrei jeweils ein Sonntags-Znacht in Zusammenarbeit mit «Pinto», dem mobilen Team der Stadt Bern im öffentlichen Raum. Aufgrund der guten Erfahrungen haben Curé Christian Schaller und seine Mitarbeitenden spontan beschlossen, auch nach den Weihnachtstagen für Menschen in Not ein warmes Essen zuzubereiten. So gibt’s nach dem Heiligabend auch am 26. und 27. Dezember eine Stunde lang Take-away-Betrieb, in verschiedenen Räumen können sich die Gäste alleine oder zu zweit aufwärmen. Pfarrer Schaller kocht als Wirtesohn gleich selber und wird als Gastgeber von seiner Assistentin und vielen helfenden Händen und Freiwilligen unterstützt.

Das spontane Angebot der Pfarrei freut Claudia Hänzi, Leiterin des Sozialamtes der Stadt Bern. Dadurch sei gewährleistet, dass gerade für Menschen am Rande der Gesellschaft immer ein Zugang zu Verpflegung und Kontakt zu anderen Menschen bestehe: «Dies können wir leider für einige Personengruppen via die staatlichen Angebote nicht bieten, da es gerade bedingt durch die Pandemie vermehrt Hilfesuchende gibt, die den Kontakt zu öffentlichen Stellen meiden. Namentlich weil sie negative Konsequenzen im Zusammenhang mit Ihrem Aufenthalt-Status in der Schweiz befürchten», erklärt die Fachfrau von der Stadtverwaltung.

Der Dank der Stadt gilt auch andern Initiativen, die spontan weihnächtliche Essensangebote auf die Beine gestellt haben. Als mobiles Gemeinschaftszentrum samt Mahlzeiten und Beratung hat sich der Verein Medina während der Corona-Pandemie direkt auf der Schützenmatte bewährt. Sein Team sorgt nun übers Weihnachtswochenende ebenfalls für ein Take-away-Znacht in der Reithalle. Daneben hilft «Punkt 6» obdachlosen Menschen über die Runden. Dieses Angebot der Stadt Bern wird von «Pinto» jeweils morgens von 6 bis 10 Uhr geöffnet, mit Frühstück, Dusch- und Hygienemöglichkeiten sowie Internet-Zugang.

Spenden vor Ort willkommen

Kurzfristig hat auch die interaktive Weihnachtskrippe bei der Heiliggeistkirche reagiert: Spontan werden hier Spenden und Lebensmittel gesammelt, um sie weiterverschenken zu können. Auf den Aufruf via Facebook kamen schon am Heiligabend innert Stunden über tausend Franken und zahllose Päckli zusammen! Heiliggeist-Pfarrer Andreas Nufer ist freudig überrascht. Zwischendurch wird auch mal im «Le Cap», dem Gemeindezentrum der Französischen Kirche, eine Suppe gekocht, um die eiskalten Stunden auf der Gasse zu überbrücken. Täglich ab 12 Uhr steht die Krippe offen – samt ihren lebendigen Schafen und den Dutzenden von bunten und verrückten Figuren des Berner Art-Brut-Künstlers Heinz Lauener. Organisiert wird das Projekt von vielen verschiedenen Organisationen und der ökumenischen Offenen Kirche.

Mit einem Corona-Hilfspaket hat die Katholische Kirche Region Bern seit dem Lockdown im März gut 20 soziale Institutionen gestärkt, damit sie aktiv auf die Pandemie reagieren konnten. Dazu gehören auch das mobile Gemeinschaftszentrum «Medina» oder «Wohnenbern», deren Restaurant 44 im Wylerquartier nun wiederum geschlossen werden musste. Für nur noch gut 20 Leute kocht dessen Küche zurzeit weiter und liefert zumindest den Stammgästen in den nächsten Tagen warme Mahlzeiten nach Hause, weil sie nicht mehr in den Treffpunkt kommen können. Im Frühlings-Lockdown konnte dieser Service dank katholischem Support so ausgebaut werden, dass insgesamt rund 7000 Mahlzeiten ausgeliefert werden konnten.

Das ist vielleicht die eigentliche Weihnachtsgeschichte hinter all den Corona-Problemen: Die Berner Kirchen und sozialen Organisationen führen nicht nur in «normalen» Jahren gemeinsame Angebote für Menschen auf der Gasse, sondern sie handeln bei Not sofort und tatkräftig, trotz Weihnachtsferien.

 

Weiterführende Links

Interaktive Weihnachtskrippe: Offene Kirche Bern

Reportage Kath.ch: Weihnacht vor der Türe

Kath. Kirche Region Bern: Corona-Hilfspaket

Sozialprojekte der Berner Kirchen: Arbeitsgemeinschaft AKiB

Stadt Bern: Pinto

Offenes Haus: La Prairie

 

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