Theater zum Weiterdenken

Das Theaterensemble Johannes in Bern auf den Spuren der Klimaaktivistin Greta Thunberg

Sie gilt als eine der einflussreichsten Personen der Welt. Und kaum jemandem schlägt so viel Ablehnung entgegen wie ihr. Das Theaterensemble Johannes in Bern will der Klimaaktivistin Greta Thunberg jenseits der Schlagzeilen auf die Spur kommen.

Im Kirchgemeindehaus Johannes im Berner Breitenrain-Quartier ist viel los. Kinder, junge Erwachsene und ältere Personen proben gemeinsam das Mundarttheater «Genug geredet, steht jetzt auf». Es ist ein Stück über Greta Thunberg, das 15-jährige Mädchen, das sich im Hitzesommer 2018 vor den Schwedischen Reichstag stellt und setzt. Dabei trägt sie ein Schild, auf dem steht: Schulstreik für das Klima. Es ist der bescheidene Anfang einer Bewegung, die sich im Nu über den Planeten ausbreitet. Der Anfang der «Fridays for Future»-Bewegung.

Greta ist aber auch ein Mädchen, das in der Schule ausgegrenzt und gemobbt wird. Es wurde ihr ein leichtes Asperger-Syndrom diagnostiziert, sie litt an Depressionen und Essstörungen – und daran, dass die Politik bezüglich Klimaerwärmung offensichtlich versagt.

Zum Denken anregen

Beides – Klima und Ausgrenzung – wird im Stück des Theaterensembles Johannes thematisiert. «Es geht uns immer um die Inhalte», sagt Hannes Liechti, Musikwissenschaftler und Mitglied des Leitungsteams der Theatertruppe, die ökumenisch getragen wird. Deswegen werden Schul- und Unterrichtsklassen speziell zu den Aufführungen eingeladen.

Meist spielt das Theaterensemble religiöse Themen, wie etwa «Exodus» (2019) oder «Lied einer neuen Welt» (2017), das die Bergpredigt thematisierte. «Das aktuelle Thema ist dasjenige mit den wenigsten direkten Bezügen zu Religion und Kirche seit langem», sagt Liechti. Jedes Theaterprojekt beginnt mit einem einwöchigen Lager während der Sommerferien. Die Teilnehmenden proben dabei nicht nur, sondern setzen sich auch intensiv mit dem Thema auseinander.

So wie die 15-jährige Julia, eine der beiden Greta-Darstellerinnen. Sie sei an Umweltthemen interessiert, sagt sie. «Ich informiere mich und halte in der Schule Vorträge.» Der 26-jährige Tobias spielt einen Kritiker Gretas, der durch ihre Argumente zum Nachdenken gebracht wird. Es ist genau das, was er auch bei den Zuschauerinnen und Zuschauern des Theaters erreichen will: «Wir stellen auf der Bühne ein reales Problem mit realen Auswirkungen dar. Ich möchte, dass die Menschen anfangen nachzudenken.»

Gelebte Integration

Das Theaterensemble sendet nicht nur eine Botschaft nach aussen, sondern es zeigt auch, wie Integration geht. Jede und jeder kann beim Theater mitmachen. Castings gibt es nicht. «Unsere Devise ist aber, das Maximum aus jeder Person herauszuholen», erklärt Hannes Liechti. Die junge Frau im Rollstuhl etwa kurvte im Stück «Exodus» ebenso selbstverständlich ums goldene Kalb wie sie dieses Jahr auf der Bühne am Klimastreik teilnimmt.

Rollen werden aufgrund von Talenten und Neigungen verteilt. Wer sich etwa auf der Bühne nicht wohlfühlt, engagiert sich in der Technik. Der Flyer wurde von einem Gymnasiasten gestaltet, der zuvor nur kleinere Projekte verwirklicht hat.

Die zweite Greta, die sonst Maya heisst, ist gerade mal 13 Jahre jung. «Ich habe schon als Sechsjährige gern Theater gespielt», sagt sie. In diesem Stück stellt sie Greta so glaubwürdig dar, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte.

Ökumenisches Projekt

Das Theaterensemble Johannes gibt es seit 2009 und steht seitdem alle zwei Jahre auf der Bühne. Die Stücke werden von einem Kernteam selber verfasst. Je nach Inputs aus der Truppe und nach deren Fähigkeiten wird das Skript angepasst. Die meisten Teilnehmenden sind Jugendliche oder junge Erwachsene, doch auch Kinder oder ältere Personen spielen mit. Viele stammen aus dem Quartier, andere nehmen längere Anreisen in Kauf. Teils sind sie eng mit der Kirche verbunden, teils überhaupt nicht. Einige sind jedes Mal dabei, andere beteiligen sich nur an dem einem Projekt.

«Die Rote Zora» war das erste Stück, aber nicht der Anfang, erinnert sich Jürg Liechti, Projektleiter und Pfarrer in der reformierten Kirchgemeinde Johannes. Zuerst sei da eine Gruppe Jugendlicher gewesen, die sich regelmässig getroffen und gemeinsame Reisen durchgeführt habe. Daraus sei das Theaterensemble entstanden. «Die Theater sind eine Chance, sich mit einem wichtigen Thema intensiv auseinanderzusetzen», erklärt er.

Ursprünglich von der reformierten Kirchgemeinde Johannes angestossen, ist das Theaterensemble seit einigen Jahren ein Projekt der Ökumene Bern-Nord und wird von beiden Kirchen, der reformierten und der katholischen, unterstützt. Die Kollekte, die jeweils erhoben wird, wird vollumfänglich Projekten gespendet, die einen Zusammenhang mit dem Theater haben. Dieses Jahr etwa gehen die Einkünfte je zur Hälfte an Mission 21 und den Klimastreik Bern.

Aufführungen

Das Stück «Genug geredet, steht jetzt auf» wird aufgeführt im reformierten Kirchgemeindehaus Johannes, Wylerstrasse 5, Bern Breitenrain. Eintritt frei, Kollekte. Platzreservation (empfohlen) über die Website.

Daten:

So., 31. Okt., 17 Uhr (Première)
Fr., 5. Nov., 14 Uhr (Schulvorstellung)
Fr., 5. Nov., 19 Uhr
Sa., 6. Nov., 17 Uhr
So., 7. Nov., 17 Uhr
Fr., 12. Nov., 19 Uhr
Sa., 13. Nov., 17 Uhr
So., 14. Nov., 15 Uhr (Dernière)

www.theaterensemble.ch

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