In Köniz wird der Kirchenraum zur Bühne. Foto: Manuel Friedli

Zwischen Hier und Dort

Kirche St. Josef in Köniz: Musikalisches Schau- und Sinnspiel Ende Oktober

Ein musikalisches Schau- und Sinnspiel der besonderen Art in der Kirche St. Josef in Köniz. Chor, Musik, Tanz und Theater fragen danach, worum es im menschlichen Leben eigentlich geht? Tiefgründig, bunt, heiter und ermutigend.

Karl Johannes Rechsteiner

«Da läuft keine Geschichte ab mit Story und Happyend», erklärt Philipp Wilhelm, Autor und Gesamtregisseur des Stückes: «Es ist mehr wie ein Konzert oder ein Gemälde, das wir inszenieren.» Entstanden ist ein vielschichtiges Schauspiel, das Hirn und Herz gleichermassen anspricht. Sinnliche Bilder und Klänge verbinden sich mit spielerischem Nachdenken. Das Publikum bekommt unzählige Bezugspunkte gezeigt, die eine eigene Faszination entwickeln.

Philipp Wilhelm leitet hauptberuflich das Sonderpädagogische Zentrum Bachtelen in Grenchen. Doch er ist auch ausgebildeter Theaterpädagoge und inszenierte zum Beispiel vor sechs Jahren fürs Bachtelen ebenfalls ein Schauspiel: Eine Art «Wimmeltheater», welches sich in verschiedenen Bildern mit der Geschichte der Institution auseinandersetzte. Ähnlich wirkt wohl auch «Zwischen Hier und Dort» in Köniz. Einen Blickfang bilden etwa farbige Lampions an der Decke, die auch mal runterfallen und aufgefangen werden. Das ist mit Worten nur schwer fassbar, aber es wirkt auf alle, die zusehen.

Grossartiger Kirchenraum

Zur Taufe eines Kindes besuchte Philipp Wilhelm vor 20 Jahren erstmals die Pfarrei St. Josef. Als er die Könizer Kirche betreten habe, habe ihn der Raum gleich gefesselt: «Er ist spannend gestaltet, zum Beispiel mit natürlicher Lichtführung, die das Gebäude erleuchtet», erklärt der Regisseur. Er habe sofort gedacht, hier möchte er eines Tages etwas inszenieren. Das habe zu interessanten Gesprächen geführt, als ihn Gemeindeleiterin Christine Vollmer später kontaktierte. Es entstand die Idee eines Musiktheaters mit Fragen nach dem Sinn des Lebens. Nicht, dass schwere Fragen unsere Welt hinterfragen sollten, sondern um Lebensmut und Lebensfreude zu vermitteln.

Nun symbolisiert ein gesponnener Faden nach uralten Vorstellungen den Anfang und das Ende menschlichen Lebens und des Schicksals. Das ist ein anderer Ansatz als heute, wo alle erfolgreich sein wollen, um im Leben etwas zu erreichen. Von solch heutigen Glaubenssätzen singt der Theaterchor mit ambitionierten Laien aus der Region: von Leistung, Erfolg, sich Mühe geben, Kreativität – dann kommts schon gut …

Wie den Weg finden?

Im Alltag können Menschen die Orientierung verlieren wie das Paar im Theater, das sich im Wald verirrt und den Weg nicht mehr findet. «Mich inspiriert auch das griechische Konzept der Götterwelt – ich stelle mir vor, wie verschiedene Generationen von Göttern mit dem Lebensfaden unterschiedlich umgehen.» Schmunzelnd erwähnt Philipp Wilhelm eine weitere Figur: Die Schicksalsgöttin Moira amüsiert sich über die heutigen Fragen nach Erfolg – ihr Leben in der Ewigkeit ist schliesslich etwas langweilig.

Die Orientierungssuche im Theater spiegelt sich in einer märchenhaften Zwischenwelt, in der Schicksalsfiguren Wettbewerbe veranstalten, poetisch an Lebensfäden ziehen, nach erloschenen Hoffnungslichtern fischen und diese tanzend weitergeben. Ein Kurier kann trotz Navi ein Päckli nicht abliefern, eine Dame im Rollstuhl findet ihr Ziel nicht und eine Putzfrau fegt mit dem Besen die Zwischenwelt. Ein Geflecht von Geschichten prägt das Stück. Unterschiedlichste Figuren schliesst man immer mehr ins Herz. «Ich hoffe, das berühre, denn Moralisieren wollen wir gar nicht», kommentiert Philipp Wilhelm.

Letztes Lampenfieber

Vor gut vier Jahren ist die Idee für das Schauspiel in der Kirche St. Josef entstanden. Dieser Tage stecken die über 30 Beteiligten auf der Bühne in den letzten Proben, nervös, ob alles gut herauskommt und um letzte Details der Produktion in den Griff zu kriegen. Zum Text fügen sich die Kompositionen des Pianisten Willy Schnyder, der von profilierten Leuten aus der Berner Musikszene unterstützt wird: Marc Jundt mit Perkussion und Araxi Karnusian am Saxofon. Der Kirchenmusiker Dominik Nanzer von St. Josef dirigiert den Ad-Hoc-Chor. Monika Klein schafft als Tänzerin visuelle Erlebnisse. Autor und Gesamtregisseur Philipp Wilhem wird von Regisseur Alexander Muheim unterstützt. Gemeindeleiterin Christine Vollmer führt das ganze Theaterprojekt der Pfarreien St. Josef Köniz und St. Michael Wabern, das Ende Oktober viermal zur Aufführung gelangt, unterstützt von diversen Sponsoren von der Gemeinde Köniz bis zum Kanton Bern.

Philipp Wilhelm ist gespannt: «Ich habe das Stück ja auch noch nie als Ganzes gesehen!» Es zeigt Ahnungen von Antworten auf Sinnfragen. Es stellt Hoffnungen gegen die Daseinsfurcht. Mit Schalk können wir heute trotz Orientierungsverlust Wege finden. Das ist top-aktuell, aber auch ein ewiges Menschheits-Thema.

Zwischen Hier und Dort – musikalisches Schau- und Sinnspiel, Samstage 22. und 29. Oktober 20.00 Uhr, Sonntage 23. und 30. Oktober 18.30 Uhr, Kirche St. Josef Köniz, Stapfenstrasse 25, Eintritt frei (Kollekte)

 

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