Im Caritas-Laden Bern. Foto: Ruben Sprich

Auch in Bern gibt es Armut

Geldmangel bedeutet auch Ausgeschlossenheit. Die materielle Unterversorgung betrifft fast 80 000 Menschen.

Unser Land verfügt über ein gut funktionierendes Sozialsystem, dennoch gibt es Menschen, die aus dem sozialen Netz herausfallen und mit Existenznot und Isolation zu kämpfen haben. Im Kanton Bern betrifft das fast 80 000 Menschen.

Autorin: Hana Kubecek, Caritas Bern

Wer ist eigentlich arm in der Schweiz? Wer kein Geld für Essen hat? Wem der Lohn nicht reicht, um seinen Lebensunterhalt zu bewältigen? Nicht nur! Armut bedeutet auch, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene in vielen Bereichen von der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Neben dem fehlenden Geld mangelt es auch an «Teilhabe am sozialen Leben», was sich wiederum in einer gewissen Perspektivenlosigkeit niederschlägt. Das heisst, wer von Armut bedroht ist, hat vielleicht keinen Computer, kann nicht in den Sportverein oder ins Kino, weil das Geld dafür nicht reicht.

Armut wird, je nach Konzept, ganz unterschiedlich definiert. Eine sinngebende Definition, welche die verschiedenen Konzepte relativ gut zusammenfasst, lautet: Armut ist, wenn unerreichbar bleibt, was für die anderen selbstverständlich ist. 615 000 Personen in der Schweiz leben am oder unter dem Existenzminimum. Im Jahr 2016 waren laut dem Bundesamt für Statistik schweizweit insgesamt 7,5 Prozent der Bevölkerung arm.

Des Weiteren sind über eine Million (1,2 Mio.) Menschen gefährdet, in die Armut abzurutschen. Das heisst, 14,7 Prozent der Bevölkerung der Schweiz, also nahezu jede siebte Person, sind von Armut bedroht. Als armutsgefährdet gelten Menschen, denen weniger als 60 Prozent eines mittleren Einkommens zur Verfügung stehen. Dazu kommt, dass Armut hierzulande oft verborgen bleibt.

Situation im Kanton Bern

Im Kanton Bern sind fast 13 Prozent der Haushalte arm oder armutsgefährdet, die materielle Unterversorgung betrifft fast 80 000 Menschen. Besonders von Armut betroffen sind Alleinerziehende, Familien mit mehreren Kindern sowie alleinlebende Personen. Ebenso zählen Menschen mit Migrationshintergrund dazu, die allein schon aufgrund ihrer Herkunft in verschiedener Hinsicht diskriminiert werden.

Ursachen von Armut

Armut hat sehr unterschiedliche Ursachen. Hauptsächlich sind es gesellschaftliche und ökonomische Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass Menschen von Armut betroffen sind. Armutsgefährdung ist jedoch auch stark von der familiären Situation und vom Ausbildungsniveau abhängig. Nicht verwunderlich demnach, dass gut ausgebildete Personen weniger armutsgefährdet sind als jene, die ihre Ausbildung bereits mit dem Abschluss der obligatorischen Schulzeit beendet haben.

Oft sind Teilzeitarbeit, temporäre Arbeitsverhältnisse oder fehlende und zu teure Kinderbetreuungsplätze für die Armut verantwortlich. Manche Menschen bei uns leben an der Armutsgrenze, obwohl sie arbeiten. Sie arbeiten beispielsweise als Hilfskräfte im Pflegebereich, in der Gastronomie, auf dem Bau, als Coiffeur*innen, Florist*innen oder Verkäufer*innen. Das, was sie verdienen, reicht nicht aus, um ihre Existenz zu sichern. Insbesondere dann, wenn es sich um eine Teilzeitstelle handelt. Das ist in einem reichen Land wie der Schweiz zwar verwerflich, aber oft leider gelebte Realität.

Caritas Bern engagiert sich

Caritas Bern unterstützt Menschen mit wenig Geld auf vielfältige Weise, vier Beispiele dazu:

• In den Caritas-Märkten können Menschen mit kleinem Budget Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs zu stark vergünstigten Preisen beziehen.
• Mit der KulturLegi ermöglicht Caritas Bern Personen mit einem geringen Einkommen Zugang zu stark vergünstigten Bildungs-, Kultur- und Sportangeboten.
• «mit mir»-Patenschaften: «mit mir» vermittelt Kindern aus belasteten Familien freiwillig engagierte Gotten und Göttis, die einen Teil ihrer Freizeit mit ihnen verbringen, ihnen zuhören und für sie da sind.
• Caritas Bern sensibilisiert auf vielfältige Weise die Bevölkerung und die Politik, damit die armutsbetroffenen Menschen nicht vergessen gehen.

Helfen Sie mit Ihrer Spende!
Unterstützen Sie unsere Arbeit für Armutsbetroffene im Kanton Bern: Spendenkonto Caritas Bern: PC 30-24794-2 Eigerplatz 5, Postfach, 3000 Bern 14. Oder übernehmen Sie eine Patenschaft «Pro Caritas-Markt». Infos: www.caritas-bern.ch/themenpatenschaft

 

 


«Es tut mir weh, wenn sich meine Kinder etwas wünschen.»

Susanna* ist alleinerziehend. Sie teilt das Geld gut ein, sodass sie für sich und ihre zwei Kinder die wirklich nötigen Dinge immer kaufen kann. Doch sie weiss, dass sie Luka* und Ronja* vieles nicht ermöglichen kann, was für andere Kinder selbstverständlich ist.
Ein Ausflug in den Zoo oder Zirkus, Lego-Spielsachen oder neue Kleider liegen nicht drin, geschweige denn Ferien.

Die meisten Kleider für sich und ihre Kinder kauft Susanna secondhand. Auch die Möbel, das Geschirr und Spiele stammen aus dem Brockenhaus. Seit der Trennung vom Vater ihrer Kinder kümmert sich Susanna alleine um Ronja und Luka.

Mit ihrem 60-Prozent-Pensum als Arztgehilfin ist es nicht leicht, durchzukommen. Sie will aber keinesfalls ein «Sozialfall» sein.

*Name geändert

 

 

 

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