Philippe Daucourt, Freiwilliger beim SRK-Besorgungsdienst, beim Wocheneinkauf für eine 86-jährige Frau. Foto: Pia Neuenschwander.

Brot, Spaghetti und Mokkajoghurt

Freiwillige des SRK-Besorgungsdiensts kümmern sich um den Einkauf für ältere Menschen

Seit einem Monat, dem Beginn der Corona-Krise, funktioniert vieles anders. Doch es funktioniert. Philippe Daucourt, 50, gehört zum freiwilligen Besorgungsdienst des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) Bern. Seit Mitte März liefert er einer alleinstehenden 86-jährigen Frau den Wocheneinkauf.


Interview: Anouk Hiedl


Wie sind Sie zum SRK-Besorgungsdienst gekommen?

Philippe Daucourt: Ich arbeite in der Regionalstellenleitung des SRK Bern Mittelland. Im März habe ich mitbekommen, dass im Kanton Bern ein SRK-Besorgungsdienst für Risikogruppen aufgebaut wird, für die während der Corona-Krise niemand einkaufen gehen kann. Ich war schon im Freiwilligenpool für andere SRK-Dienstleistungen zur Entlastung von Angehörigen und habe mich von Anfang an am SRK-Besorgungsdienst während der Corona-Krisensituation beteiligt. Aktuell kümmere ich mich um den Wocheneinkauf einer 86-jährigen dementen Frau. Bei Bedarf werde ich gerne weitere Menschen aus meinem Quartier beliefern. Daran motiviert mich der Sinn, den ich in dieser freiwilligen Tätigkeit sehe. Ich bin so aufgewachsen. Solange ich es neben meinem 100%-Pensum prästiere, setze ich das in meinem Leben so um.

Wie laufen Ihre Besorgungsdienste ab?

Ganz normal und gleich wie meine eigenen Einkäufe. In der momentanen Ausnahmesituation wasche ich mir bewusster und öfter die Hände. Bevor ich ins Geschäft gehe, reinige ich den Einkaufswagen mit Desinfektionstüchern, die ich bei mir habe. Am Schluss bezahle ich kontaktlos mit der Karte. Danach bringe ich die volle Tasche vor die Haustür der alten Dame, auf den obersten Treppenabsatz. In der Regel mache ich einen Besorgungsdienst pro Woche. Wenn die Frau dringende oder spezielle Wünsche zu Artikeln des täglichen Bedarfs hat, gehe ich ein weiteres Mal für sie einkaufen. Einmal pro Monat bekommt sie einen Einzahlungsschein, den das Schweizerische Rote Kreuz für den Gesamtbetrag der Einkaufsbelege erstellt.

Die Lieferungen erfolgen ohne physischen Kontakt. Tauschen Sie sich in anderer Form aus?

Die Dame hört meist, wenn ich komme, und öffnet dann die Tür. Falls nicht, rufe ich sie von ausserhalb des Treppenhauses an und wir plaudern kurz. Wir kannten uns schon vorher. So rufe ich zurück, wenn ich gerade keine Zeit habe.

Wie reagiert die Frau auf Ihre Dienstleistung?

Sie hat grosse Freude, dass ich ihr bringe, was sie braucht. Aufgrund ihrer Demenz kann sie die Situation aber je nach Moment oder Tagesform nicht immer ganz einordnen. So sagt sie manchmal, sie habe den Zweiten Weltkrieg überstanden, da könne das doch nicht so schlimm sein. Zudem müsse sie zur Podologin. Das geht aktuell natürlich auch nicht. Einmal lag in ihrer Einkaufstasche das Brot der Vorwoche mit einem Zettel drin: «falsches Brot». Seither lese ich genauer, was sie sich wünscht. So weiss ich, dass sie nur «Spaghetti Nr. 5» will, ja keine anderen! Wenn man für Menschen einkauft, die man nicht kennt, ist das schwieriger. Wenn auf der Einkaufsliste Mokkajoghurt steht, welches ist dann genau gemeint?

 

Zwei Einkaufszettel im Sack

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) Kanton Bern hat die Idee zum Besorgungsdienst in Corona-Zeiten aus dem Kanton Basel-Stadt übernommen, weiterentwickelt und den anderen Kantonen zur Verfügung gestellt. Die Freiwilligensuche dafür startete im Kanton Bern am 16. März.
Seit dem 19. März wird der Dienst angeboten. Bis 8. April haben sich 850 Freiwillige für Einkäufe in ihrer Umgebung gemeldet und mehr als 200 Einsätze für über 100 Kund*innen wurden vermittelt. Seither werden Anfragen über vier Telefonleitungen entgegengenommen.
Aktuell gibt es den SRK-Besorgungsdienst in den Kantonen Basel-Stadt, Bern, Nidwalden und Obwalden und Schaffhausen.

So funktioniert’s
Freiwillige des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) liefern bestellte Artikel des täglichen Bedarfs ohne physischen Kontakt vor die Haustür. Die Lieferung ist gratis, der Kaufbetrag wird in Rechnung gestellt.

Kontakt
Montag bis Freitag, 09.00 bis 11.00, unter besorgungsdienst@srk-bern.ch oder Tel. 031 919 08 18
Weitere Informationen: www.srk-bern.ch/besorgungsdienst-srk

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