Angelo Garovi, Musikgeschichte der Schweiz, Stämpfli Verlag AG, Bern 2015, Seiten 160, Fr. 19.90

Buchauszug - Schweizer Komponistinnen in Frauenklöstern

Auszug aus dem Kapitel «Schweizer Komponistinnen – der lange Weg zur Anerkennung» in der soeben beim Stämpfli Verlag erschienenen «Musikgeschichte der Schweiz» von Angelo Garovi.

Lange hat die Musikgeschichte kaum Kenntnis genommen von komponierenden Frauen. Immerhin führte 1928 das «Historisch-biographische Musikerlexikon der Schweiz» von Edgar Refardt ein Dutzend Komponistinnen auf, was für die damalige Zeit erstaunlich war. Später rückten die Komponistinnen durch die Frauenbewegung und die daraus resultierende Genderforschung ins Blickfeld der Musikgeschichtsschreibung.

Im Mittelalter gab es in den Nonnenklöstern immer wieder begabte Musikerinnen, eine davon war Hildegard von Bingen, doch die meisten blieben anonym. In der Zeit der Renaissance und des Barocks wirkten vor allemin Italien eine Reihe begabter Musikerinnen, die zugleich Komponistinnen waren, zumBeispiel Francesca Caccini in Florenz. Auch aus der Schweiz kennen wir eine bedeutende Komponistin, Suor Claudia Francesca Rusca. Sie stammte aus der adeligen und mit der Mailänder Herzogsfamilie in engem Kontakt stehenden Tessiner Familie der Rusca und war Nonne im «Convento di Santa Catarina vicino a Brera» in Milano.
Als eine der wenigen Frauen wurde im Lexikon der Kirchenmusik «Sacra Musica» aus dem Jahr 1937 Schwester Arnolda Bartsch aufgeführt. Die aus Tunschendorf in Schlesien stammende Klosterfrau wirkte seit 1888 als Musiklehrerin im Kloster Menzingen, dort war sie bei den Schwestern vomHeiligen Kreuz eingetreten. Ihre liturgischen Kompositionen, Messen («Salve Regina Messe »), Requiems, Motetten und Lieder für Frauenchor mit und ohne Begleitung sind in Einsiedeln, Cham und Regensburg im Druck erschienen.

Im Institut Menzingen mit dem bekannten Lehrerinnenseminar wirkten eine Anzahl begabter Musikerinnen; Komponistinnen vor allem liturgisch gebundener Musik waren Schwester Armida Hauck (spätromantischimpressionistische Orgelmusik), Schwester Theocara Hornung («Die Königin der Töne», Festspiel, Verlag Willi Cham, 1928), Schwester Irmentrude Schmid (Bruderklausengebet «Mein Herr und mein Gott», im Druck erschienen 1937 beim Verlag Willi, Cham), Schwester Maria Sabina Höflmayr (Advents- und Weihnachtslieder), Schwester Leonilla Baldin («Nicolas de Flue», 1947), Schwester Lauda Maria Herger (schrieb ein viel gesungenes Weihnachtslied «Ein Kind ist uns geboren») und Schwester Hedwigis Mettler. Sie komponierte neben Märchen- und Festspielen, Messen und kirchlichen Gesängen sogar grössere oratorische Werke: so ein Judith-Oratorium und das mehrmals aufgeführte Oratorium «Der Bergsturz von Goldau».

Musiklehrerin, Dirigentin und Komponistin im Kloster Baldegg war Schwester Leonore Jenny. Als Kirchenmusikerin im Kloster Baldegg – mit dem modernen Bau und der Kapelle des bedeutenden Architekten Marcel Breuer – komponierte sie liturgische Chormusik für das Stundengebet, lateinische und deutsche Messegesänge für gleiche Stimmen, Lieder und Liedbearbeitungen sowie Instrumentalmusik für Schulspiel und Theater.

Das Kloster Ingenbohl hatte in Schwester Maria Regina Jaeggi (†1977) eine komponierende Kirchenmusikerin, die als Organistin und Dirigentin des Schwesternchores wirkte. Als jüngste Konventualin und Komponistin liturgischer Musik wirkt im Kloster Heiligkreuz bei Cham die 1969 geborene Schwester Maria-Amadea, die beim Fortner-Schüler Stephan Simeon Komposition studiert hat. Eine Liedbearbeitung über das 17-strophige mittelalterliche Lied «Erstanden ist der heilig Christ» für gemischten Chor, Gemeinde und Orgel ist eine in szenische Gruppen aufgeteilte Vertonung des Osterevangeliums. Die Heiligkreuzschwester schreibt Messen, Orgel- und Kammermusikwerke.

com/Jürg Meienberg

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