Buchbesprechungen - Ungültig?

Von Andrea Riccardi stammt die These, dass kein Papst in den letzten hundert Jahren mit so viel innerkirchlichem Widerstand zu kämpfen hatte wie Franziskus. Dazu scheinen die Stimmen im kirchlichen Untergrund zu passen, die in jüngster Zeit behaupten, die Wahl von Jorge Mario Bergoglio sei ungültig. Denn ventiliert werden sie vor allem von katholischen Internetforen und Blogs, die Franziskus auch sonst wenig gesonnen sind. Gewürzt wird das Ganze mit einer Prise Verschwörungstheorie. Die Munition dazu lieferten zwei vor kurzem erschienene Bücher über den argentinischen Papst.

Der italienische Journalist Antonio Socci versucht in seinem Werk mit dem programmatischen Titel «Es ist nicht Franziskus» nachzuweisen, dass im Konklave gegen die Wahlordnung verstossen wurde und die Wahl deshalb ungültig sei. Socci zählt nicht zu Franziskus’ Anhängern. Dieser vertrete das schon in Lateinamerika «gescheiterte Rezept» einer «Sakralisierung typisch linker sozialer Themen», schrieb er jüngst in einem Zeitungsartikel. Und endet mit dem Satz: «Bald werden wir auch in anderen Ländern dieselben Ruinen sehen. Den Bergoglio-Effekt.» Im fünften Wahlgang sind laut Socci von den 115 in der Sixtinischen Kapelle anwesenden Kardinälen 116 Stimmzettel abgegeben worden. Die anschliessende Annullierung der Abstimmung sei jedoch ungültig gewesen, behauptet der Leiter der Journalistenschule in Perugia. Ausserdem hätten an einem Tag nur vier Wahlgänge stattfinden dürfen. Die Behauptung, dass der fünfte Wahlgang aus besagtem Grund für ungültig erklärt wurde, ist allerdings nicht neu. Sie findet sich erstmals in der im Herbst 2013 erschienenen Franziskus- Biographie der argentinischen Journalistin Elisabetta Pique und gilt als zutreffend. Die Schlussfolgerung Soccis freilich, hat bislang kein ernst zu nehmender Kirchenrechtler öffentlich vertreten.

Von einem weiteren angeblichen Verstoss gegen die Wahlordnung berichtet der britische Journalist Austen Ivereigh in seinem Buch «The Great Reformer: Francis and the Making of a Radical Pope». Ivereigh schreibt, es habe eine «Kampagne» einiger moderater und liberaler Kardinäle für die Wahl von Bergoglio gegeben. Zu diesem «Team Bergoglio» zählt er die Kardinäle Kasper, Lehmann, Danneels und Murphy-O’Connor. Solche Kampagnen sind nach der Wahlordnung nicht erlaubt. Von einer Ungültigkeit der Wahl von Franziskus ist bei Ivereigh selbst indessen keineswegs die Rede. Ultrakonservative Kreise hingegen nahmen seine Ausführungen dennoch als willkommenes Argument für eine Ungültigkeit der Wahl. Die Sache zog so weite Kreise, dass sich auch das vatikanische Presseamt genötigt sah, zumindest mündlich mitzuteilen, dass es eine solche Kampagne nicht gegeben habe. Mit Kampagnen im Konklave ist es ohnehin so eine Sache. Was bedeutet «Kampagne» eigentlich? Wenn damit gemeint sei, dass Kardinäle Bergoglio für den richtigen Mann halten und ihn anderen Kardinälen empfehlen, so schrieb der US-amerikanische Journalist John Allen jüngst, dann habe es wohl kein Konklave ohne Kampagne gegeben. Spekulation bleibt unterdessen auch, ob ein Zusammenhang besteht zwischen dem Aufkommen der Ungültigkeits-These und der Debatte über eine angebliche Einmischung des emeritierten Papstes Benedikt XVI.

Von Thomas Jansen / Kipa

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