Buchtipp: Reni Eddo-Lodge, Warum ich nicht länger mit Weissen über Hautfarbe spreche

Ein Augenöffner in Sachen versteckten Rassismus. Jetzt aktueller denn je.

Im Februar 2014 veröffentlichte die britische Journalistin Reni Eddo-Lodge einen Post mit dem Titel «Warum ich nicht länger mit Weissen über Hautfarbe spreche» auf ihrem Blog. Warum? Es ging ihr darum, nicht nur die offensichtliche Seite des Rassismus aufzuzeigen, sondern auch die Versteckte, den strukturellen Rassismus, der in weissen Gesellschaften herrscht – nicht nur in Grossbritannien – und den viele Weisse gar nicht bewusst wahrnehmen. Es stimmt wohl, dass wir uns häufig nicht bewusst sind, dass unsere Hautfarbe die Norm darstellt und alle anderen davon abweichen. Wir mussten vermutlich nie darüber nachdenken, was es – in Bezug auf Macht – bedeutet, weiss zu sein. Und es ist uns unangenehm, wenn wir auf eine Systemstruktur hingewiesen werden, die uns Vorteile bringt – auf Kosten anderer notabene.

Als Vierjährige fragte die Autorin ihre Mutter, wann sie weiss werden würde. Denn alle guten Menschen im Fernsehen waren weiss, und alle Bösen dunkelhäutig. Sie selber fand sich eigentlich einen guten Menschen, darum dachte sie, sie würde irgendwann weiss werden. Ihre Enttäuschung war gross, als ihr die Mutter die schlechte Nachricht überbrachte. Die einen werden in unserer Kultur bestätigt, während den anderen bewusst wird, dass sie nicht zur guten Norm gehören. Das hat sich in den letzten Jahren auch nach Filmen wie den «Black Panther» (den ersten schwarzen Superhelden) nicht gross verändert.

Nicht nur in der Kultur, sondern vor allem auch in Institutionen ist struktureller Rassismus ein grosses Problem. Institutionen, von denen wir erwarten, dass die Verantwortlichen alle gleichberechtigt und fair behandeln, unabhängig von der Hautfarbe. Wenn es um Bildung, Wohnen, Arbeit geht, zeigen die Statistiken, dass schwarze Menschen in diesen Bereichen viel schlechter gestellt sind als ihre weissen Kollegen.

Ihr Buch ist keine wütende Abrechnung mit einem ungerechten System, sondern ein klug recherchiertes Werk, das uns in vielen Bereichen die Augen öffnet. Es spielt keine Rolle, ob wir in Grossbritannien, den USA oder in der Schweiz leben.

Der Titel des Buches hat sich übrigens nicht bewahrheitet. Heute, sechs Jahre nach dem Blogpost, spricht Reni Eddo-Lodge fast ausschliesslich mit Weissen über Hautfarbe. Gut so.

Sabrina Durante

Webseite der Autorin


Reni Eddo-Lodge, Warum ich nicht länger mit Weissen über Hautfarbe spreche.

Aus dem Englischen übersetzt von Anette Grube.
Tropen-Verlag, 2020 (Taschenbuch-Ausgabe), 232 Seiten. ISBN: 978-3-608-50458-3.

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