Banner an der Kirche Guthirt in Ostermundigen. Foto: Katharina Boerlin

Bundesgericht: Kirchen dürfen sich für KVI engagieren

Jungfreisinnige scheitern mit Beschwerde

Beschwerden der Jungfreisinnigen werden zurückgewiesen, die Kirchen dürfen sich weiter für die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) aussprechen und auch die Banner an den Kirchtürmen sind rechtens.

Autor: Andreas Krummenacher

Für die Konzernverantwortungsinitiative, über die am 29. November abgestimmt wird, engagieren sich zahlreiche Unwelt- und Menschenrechtsorganisationen, Caritas, Fastenopfer sowie Kirchen, Pfarreien, Kirchgemeinden und kirchliche Verantwortungsträger*innen. Sichtbar wird dieses Engagement durch die vielen Fahnen und Banner mit der entsprechenden Botschaft, welche an Kirchtürmen oder kirchlichen Einrichtungen angebracht sind.

Damit sind einige Jungfreisinnige nicht einverstanden. Sie reichten Anfang November in den Kantonen St. Gallen, Aargau, Thurgau und Bern Stimmrechtsbeschwerden ein. Wortführer ist der Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz, Matthias Müller. Zur Begründung teilte Müller Anfang November mit, die Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften hätten sich strikt an die grundrechtlich geschützte Abstimmungsfreiheit zu halten, sie seien damit zur politischen Neutralität verpflichtet.

Zu knapp vor der Abstimmung

Die Jungfreisinnigen wollten mir ihren Beschwerden folglich erreichen, dass sämtliche Interventionen in den Abstimmungskampf durch die Kirchen «umgehend untersagt werden». Auf Äusserungen zur Initiative hätten die Kirchen sofort verzichten und aufgehängte Banner entfernen müssen.

Dazu kommt es nicht. Drei von vier Kantonsregierungen sind nicht auf die Beschwerde eingetreten, die Jungfreisinnigen zogen vor Bundesgericht. Dieses hat nun auf die Beschwerde aus dem Kanton St. Gallen reagiert und lehnt das Gesuch um «vorsorgliche Massnahmen» ab. Das geht aus dem Bundesgerichtsurteil, das dem «pfarrblatt» vorliegt, hervor. Laut dem Zusammenschluss der kirchlichen Organisationen «Kirche für Konzernverantwortung» dürfte aufgrund der Begründung des Bundesgerichts der Entscheid für die anderen Kantone gleich ausfallen. 

Pfarrpersonen und Kirchgemeinden dürfen also weiterhin über die Konzernverantwortungsinitiative informieren. Die Banner bleiben hängen. In der Verfügung schreibt das Bundesgericht, dass ein Eingreifen in diesem späten Stadium des Abstimmungskampfs nicht gerechtfertigt sei.

Grundsatzfrage noch unbeantwortet

Das Gericht hält weiter fest, die Abstimmung könne nachträglich aufgehoben werden, falls sie zu Ungunsten der Beschwerdeführer ausgehen sollte. Und auch, wenn sich die Interventionen der Kirchen im Abstimmungskampf als unzulässig erweisen sollten. Die Hürden für einen solchen Entscheid sind sehr hoch.

Dennoch halten die Jungfreisinnigen Schweiz am Verfahren fest. Das teilen sie am 24. November in einer Medienmitteilung mit. Sie würden den Entscheid des Bundesgericht zwar bedauern, die Grundsatzfrage, «ob und wieweit sich die öffentlich-rechtliche Kirche in nationale Abstimmungskämpfe einmischen darf, ist nach wie vor unbeantwortet.» Sie würden das Verfahren weiterführen, «sodass das Bundesgericht in dieser staatspolitisch wichtigen Frage endlich Klarheit schaffen kann.»

«Kirche für Konzernverantwortung» zeigt sich dagegen über das Urteil erfreut, wie aus einer Mitteilung vom 24. November hervorgeht. Dieses sei richtig so, «denn die Initiative greift zentrale Anliegen der biblischen Botschaft auf: Die Menschenwürde und die Bewahrung der Schöpfung. Für über 700 Kirchgemeinden ist klar: Konzerne sollen für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung künftig geradestehen.»

Mehr zum Thema: «pfarrblatt»-Dossier zur Konzernverantwortungsinitiative

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.