Frieden ist der Weg. Kirchendemo in Chemnitz am 2. September. Foto: Reuters/Hannibal Hanschke

Chemnitz und die Kirchen

Was können die Kirchen in Chemnitz gegen Nazis tun?

In der deutschen Stadt Chemnitz, Bundesland Sachsen, kam es am 26., 27. August und am 1. September zu gewalttätigen Ausschreitungen und Demonstrationen aus dem rechtsextremen Spektrum. Diese Ereignisse lösten internationale Reaktionen und Bestürzung hervor. Grund für die Ausschreitungen war der gewaltsame Tod eines 35-jährigen am Rande des Stadtfestes. Er war erstochen worden. Zwei tatverdächtige Männer aus dem arabischen Raum wurden in Untersuchungshaft gesetzt.

In Bundesland Sachsen liegt die Anzahl der evangelischen Christen bei etwa 20 Prozent, die der katholischen bei vier Prozent. Die evangelisch-lutherische Kirche rief am 2. September zu einer Kundgebung gegen Gewalt und Fremdenhass auf. 1000 Menschen folgten diesem Ruf. Die Versammlung, so schreibt es der Evangelischen Pressedienst in einer Mitteilung, stand unter dem Motto: «Wir in Chemnitz - aufeinander hören, miteinander handeln.» Zu den Teilnehmern gehörten auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der evangelisch-lutherische Landesbischof Carsten Rentzing.

Die Kirchen in Chemnitz hatten die gewalttätige Instrumentalisierung der tödlichen Attacke durch radikale Demonstranten auf das Schärfste verurteilt. «Als Kirche sind wir besorgt darüber, dass radikale, gewaltbereite Minderheiten in unserer Gesellschaft das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen», teilte die lutherische Kirche mit. Es bleibe Aufgabe der staatlichen Behörden, die Vorfälle aufzuarbeiten und Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.

Der Aufruf der Kirchen zur Demonstration war von zahlreichen Organisationen unterstützt worden, darunter Theater, die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Jüdische Gemeinde, die Caritas und der Sächsische Flüchtlingsrat.

Die engagierte Christin und Journalistin Katharina Weyandt sagte gegenüber dem katholischen Domradio auf die Frage, was denn die Kirchen tun könnten, dass das keine einfache Frage sei. Viele Menschen in Chemnitz hätten keinen «Trost-Zugang». Sie seien mit den vielen Veränderungen in ihrem Leben auf sich allein gestellt. Durch den weitverbreiteten Atheismus würde ihnen der Zugang zu etwas fehlen, «was sie irgendwie trägt und ihnen auch weiterhilft».

Es gebe aber engagierte Gruppen und Gemeinden, die seit letzter Woche ständig Gebetstreffen machen würden. «Das Wichtigste, was die Kirche tun kann: Dafür beten, dass Gott diese Kräfte, die sich da entfesseln, im Zaum hält und daraus Aktionen ableiten.»

Diakon Daniel Frank, Leiter des Katholischen Büros Sachsen, wurde ebenfalls im Gespräch mit dem Domradio konkreter. Die Aufgabe der Kirche sei es, zum Frieden zu mahnen und gleichzeitig auch Veranstaltungen anzubieten, «in denen Menschen in Kontakt kommen und miteinander sprechen können. Wo Menschen natürlich ihre Sorgen und Ängste ausdrücken, aber sich auch mit Menschen anderer Volksgruppen aussprechen können.

Es muss in unseren Gemeinden ein Klima herrschen, wo wir uns auf Augenhöhe begegnen, wo wir achtungsvoll miteinander umgehen, wo wir Gastfreundschaft üben, wo Vorurteile abgebaut werden können. Ich denke, die Hauptaufgabe für uns als Kirche besteht darin, Räume und Orte anzubieten, wo Menschen zusammenkommen und ins Gespräch kommen und einen Dialog miteinander führen können.»

Die geringe Anzahl an Christ*innen bedeute nicht, dass die Kirchen nichts tun könnten. Vom Evangelium sei uns gesagt, «Salz der Erde» zu sein. Und Salz hat die Eigenschaft, dass wenig viel bewirken könne. «Es muss also unsere Aufgabe sein, dass wir uns dafür einsetzen, dass diese Gesellschaft nicht durch Ängste den Geschmack am Leben verliert und das können wir, indem wir auch Angebote schaffen, zu denen wir die gesamte Bevölkerung einladen. Die Katholische Akademie zum Beispiel führe solche Angebote in ihrem Programm.

Andreas Krummenacher

Links

Was die Kirchen in Chemnitz zur Deeskalation beitragen können: «Beten, dass Gott diese Kräfte, die sich da entfesseln, im Zaum hält», Domradio, 3. September

Katholische Kirche will für Begegnungen und Diskussionen sorgen: «Wir müssen das Salz der Erde sein», 28. August 

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