Anthony Bajon als Thomas im Film «La Prière». Foto: zVg

Das Gebet und die Liebe

Nachschau zu den Filmfestspielen Berlin

22 Jahre alt, drogensüchtig, am Rande des endgültigen Absturzes. Das ist das Leben von Thomas. Der Jugendliche lässt sich, als letzter Ausweg, auf einen Versuch ein.

Ein kalter Entzug in einem abgeschiedenen Dorf in den Bergen, gemeinsam mit anderen jungen Männern – und geleitet von einem katholischen Pfarrer. Gemeinschaft, Arbeit, Gebet, Solidarität: Das soll die Drogenabhängigen wieder auf den rechten Weg bringen – und ihnen einen Grund zum Weitermachen geben. Aber der harte Entzug geht auch einher mit Kämpfen, Lügen und Schmerz. Als Thomas schon aufgeben will, trifft er das Mädchen Sibylle. Der absolute Zusammenhalt unter den Jugendlichen, die Liebe zu Sibylle und die Begegnung mit der Ordensschwester Myriam lassen Thomas weiterkämpfen – in der Hoffnung auf ein ganz normales Leben.

Der Film von Regisseur Cédric Kahn glänzt durch weitläufige Naturaufnahmen und hautnahe Emotionen – herausragend auf die Leinwand gebracht von Hauptdarsteller Anthony Bajon. Ihm gelingt der Spagat zwischen Thomas, dem abgehärteten Drogensüchtigen und Thomas, dem Kind, das viel zu früh erwachsen wurde. Jedoch: Trotz der nüchternen, realitätsnahen Erzählung droht die Geschichte hin und wieder ins Kitschige abzugleiten. „La Prière“ darf trotzdem nicht als Werbefilm für ein katholisches Therapieangebot abgestempelt werden. Zu behutsam und feinfühlig gibt der Film die religiöse Sinnlichkeit wieder, die in dem Prozess von Verzicht und Erneuerung steckt. Das wird spätestens beim Filmende klar – der auch einige Stunden nach Filmende im Kopf nachhängt. Es ist nämlich, soviel sei verraten, nicht etwa das Gebet, das den jungen Mann rettet, sondern etwas ganz anderes...

Der junge Anthony Bajon (23) wurde an der diesjährigen Berlinale von der Jury mit dem silbernen Bären als als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Auch die «Ökumenische Jury» hat ihre Preise vergeben. Der Film «In den Gängen» von Thomas Stuber hat dabei den Hauptpreis erhalten. Eine lobende Erwähnung gab es für «Utoya 22. Juli» von Erik Poppe. Den Preis in der Sektion «Panorama» erhielt «Styx» von Wolfgang Fischer. Darüber hinaus wurde in der Kategorie «Forum» der Film «Teatro de guerra» (Theatre of War) von Lola Arias ausgezeichnet.

In der Begründung der Jury für den Preis an «In den Gängen» heisst es: «Wenn das Leben ein Supermarkt ist, dann ist das, was wir brauchen, nicht in den Regalen zu finden, sondern ‹Zwischen den Gängen›. Künstlerisch überzeugend erzählt der Film, was es heisst: Selig, die reinen Herzens sind (Matthäus 5).»

Seit 1992 sind die internationalen Filmorganisationen der evangelischen und der katholischen Kirche – Interfilm und Signis – durch eine aus sechs Mitgliedern bestehende gemeinsame ökumenische Jury an den «Internationalen Filmfestspielen Berlin» vertreten.

sch/kr/com

Hinweis
«La Prière», FR 2018. Regie: Cédric Kahn. Mit: Anthony Bajon, Alex Brendemühl, Louise Grinberg. Ein Starttermin in der Schweiz ist noch nicht bekannt.

Links
zur Preisvergabe der «Ökumenischen Jury»
, kath.ch, 25.2.18
Homepage der Berlinale  
Homepage der «International Interchruch Film Organisation»
Interview mit dem Regisseur 

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