Das letzte Gericht: keine Gleichgültigkeit

José Balmer erzählt von seinem Glauben

Über vielen Portalen von Kathedralen ist eine Darstellung des letzten Gerichts angebracht. Die Guten gehen in den Himmel ein, die Übeltäter in die Hölle. Das ist eine bildliche Aussage dafür, dass es nicht gleichgültig ist, wie wir Menschen leben, was wir tun und was wir unterlassen. Das Bild verfolgt einen pädagogischen Zweck und propagiert ethisches Verhalten. Es ist eine Hauptaufgabe der Religionen, wenn nicht sogar ihre wichtigste, die Menschen zum Guten zu erziehen und vor dem Schlechten abzuschrecken. Denn alle Gesellschaften brauchen Regeln, um bestehen zu können. Das Christentum übernahm die ethisch-moralischen Regeln des Judentums, z.B. die Zehn Gebote. Aber schon Jesus – er war Jude, nicht Christ – brach das damalige enge Denken, das auf das Wohl der eigenen Religionsgemeinschaft fokussiert war, auf und setzte in seiner Predigttätigkeit und in seinem Handeln neue Akzente. Er lehrt, unsere «Nächsten» zu lieben, nimmt dafür aber nicht Beispiele von vertrauten Menschen oder Familienangehörigen – die wir meist ohnehin lieben – sondern von armen, ausgegrenzten, fremden und andersgläubigen Menschen! Seine Nächstenliebe ist Fremden- und Feindesliebe. Das Christentum verstand dies lange Zeit nicht und bekämpfte Andersgläubige bis aufs Blut. Erst mit der Zeit lernte es das Gebot der Liebe universal als Liebe zu allen Menschen ohne Unterschied zu verstehen, so wie Jesus die Liebe gelebt hat. In diesem Sinn heisst es, beim letzten Gericht werde Jesus über die Menschen richten.

 

 

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