Ökumenischer Geist. Medienkonferenz der Kirchen. jm

Das liebe Geld

Das neue Kirchengesetz ist in der Vernehmlassung. Konfliktpotenzial bietet wie immer das liebe Geld.

Das Vernehmlassungsverfahren zum neuen Kirchen-gesetz erinnert etwas an bekannte Verhandlungen vor dem Scheidungsrichter. Der Grossteil aller Verhandlungspunkte wird von allen Parteien gutgeheissen und begrüsst bis auf einen. An der Aufteilung des Vermögens scheiden sich wie so oft die Geister.

Kirchendirektor Regierungsrat Christoph Neuhaus drückte es an der Vorstellung des neuen Kirchengesetzes am 16. September in Bern diplomatisch aus: «Es liegt in der Natur der Sache, dass die beteiligten Partner nicht unbedingt mit allen Vorschlägen im Entwurf des Kantons ein-verstanden sind.» Er überlasse die Erklärung über die Differenzen gerne den Kirchen selber.

Die Reformierte, die Römisch- katholische und die Christkatholische Kirche waren sich denn auch einig, dass das neue Kirchengesetz eine moderne und gute Basis für die vom Grossen Rat des Kantons Bern vor einem Jahr beschlossene Entflechtung von Kirche und Staat sei. Alle Kirchen begrüssen das 2-Säulen- Modell der künftigen Finanzierung. Die erste Säule legt Sockelbeiträge fest, die auf den vom Staat übernommenen historischen Rechtsansprüchen basieren, und anerkennt damit diese. Hintergrund dazu sind die Pfarrhäuser, Kirchen, Ländereien, die der Staat Bern im Jahr 1804 von den reformierten Kirchen übernommen hat und im Gegenzug versprach, dafür die Pfarrerlöhne zu bezahlen. Die zweite Säule richtet Beiträge an die gesamtgesellschaftlichen Leistungen der Kirchen aus.
Mit diesen Beiträgen sollen nun die Kirchen ihr Personal autonom anstellen. Damit spart der Kanton drei Stellen in der Kirchendirektion. So weit, so gut.

Da sich aber die Röm.-kath. Kirche erst im 19. Jh. im Kanton Bern neu gründen und organisieren musste und deshalb auch von Anbeginn grössere Pfarreien bildete, benötigte sie auch weniger Pfarrherren und somit weniger Pfarrstellen als die historisch gewachsenen reformierten Kirchgemeinden im weit verästelten Kanton Bern, die in jeder Talschaft Pfarrerinnen und Pfarrer beauftragen. Dazu kommt, dass auf der röm.-kath. Seite geweihte Pfarrer immer weniger werden, dafür Theologinnen und Theologen in den Pfarreien mitarbeiten und diese sogenannten «Hilfspfarrstellen» lohnmässig niedriger eingestuft sind.
Damit stehen der Röm.-kath. Landeskirche mit dem vorgeschlagenen Berechnungsmodell rund 20% pro Kirchenmitglied weniger zur Verfügung als der reformierten Kirche. Mit dem Geld können umgerechnet 75 Vollzeitstellen besetzt werden, gewünscht wären laut Landeskirche aber deren 90. Immer mit Blick auf die Anzahl Kirchensteuerzahlende.

Regula Furrer, Verwalterin der Röm.-kath. Landeskirche, ist überzeugt, dass es ein Zeichen der Zeit sei, in der Berechnung des Personals Gleichbehandlung mit der reformierten Schwester herzustellen. Der Präsident des Synodalrates der reformierten Kirchen, Andreas Zeller, entgegnete, dass die Röm.-kath. Landeskirche bei der ersten Säule die grosse Gewinnerin sei, weil ihr Beitrag dort von 6 auf 8 Millionen Franken angehoben wurde.
Dass sich die beiden Kirchendelegationen im Vorfeld in ökumenischem Geist nicht zusammenraufen konnten, erstaunt. Beide Kirchen machen zudem als Partnerin ihren Partner Staat zum Richter und erwarten ein gerechtes Urteil, das wohl nur ein salomonisches sein kann. Doch noch ist Zeit. Man darf auf die Vernehmlassungstexte der beiden Kirchen gespannt sein.

Jürg Meienberg

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