Die italienische Emigration begann schon Ende des 18. Jh. aus purer wirtschaftlicher Not.
Foto: fotolia/Antonio Gravante

Das Reich Gottes kennt keine Hautfarben

Fest zum Gedenktag des Patrons der Auswanderer am 1. Juni in der Missione Cattolica

Italiener*innen waren in der Schweiz lange Zeit keineswegs wohlgelitten. Zeiten ändern sich. In Bern werden die italienischsprachigen Migrant*innen seelsorgerlich von den Scalabrini-Missionaren betreut. Am 1. Juni feiern sie den Todestag ihres Ordensgründers

Wenn heute über Migration geredet wird, wird oft vergessen, welche Einwanderungswellen die Schweiz schon erlebt hat – und wie prägend sie für das Bild unseres Landes waren. Wenn vor Überfremdung, Masseneinwanderung und Asylchaos geredet wird, ist es nötig, mal wieder in die Vergangenheit zu blicken. Die war nämlich schon immer geprägt von Einwanderung und den entsprechenden rassistischen, fremdenfeindlichen Parolen und Angstmachereien.

Zum Beispiel die Italiener*innen. «Tschinggen», «Italos», Fremde, Wirtschaftsflüchtlinge, die den Schweizern die Arbeit wegnehmen und nicht zur schweizerischen Kultur passen, zu laut sind, aufdringlich, unanständig: Der Schweizer Spiessbürger konnte mit den Italienern gar nichts anfangen. Heute gehört italienisches Kulturgut genauso zur Schweiz wie Rösti mit Spiegelei. Der Weg dahin war aber ein steiniger – Emil Steinberger und Walo Lüond illustrieren es im Kultfilm «Die Schweizermacher».

Die italienische Emigration, in erster Linie von armen Arbeiterfamilien, begann schon Ende des 18. Jahrhunderts. Wirtschaftliche Not zwang sie, die Heimat zu verlassen und ihr Heil in der Fremde zu suchen – was mit Mühsal, Gefahren und Hoffnungslosigkeit verbunden war. Das stach dem damaligen Bischof des Bistums Piacenza, südlich von Mailand gelgen, ins Auge. Sein Name war Giovanni Battista Scalabrini, und ihm lagen die Ärmsten der Gesellschaft besonders am Herzen. Zeitlebens setzte sich Scalabrini für Arme und Gehörlose ein, gründete Armenküchen und drängte die Kirche, sich mit den Nöten der Arbeiter zu beschäftigen.

Giovanni Battista Scalabrini wurde auch auf die Probleme der italienischen Auswanderer aufmerksam. Er beschäftigte sich mit den kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Migration und beschloss, etwas für die Geflüchteten zu tun. 1887 gründete er die «Kongregation der Missionare für die ausgewanderten Italiener». Die Ordensgemeinschaft entsandte Patres in alle möglichen Länder, welche die lokalen italienischsprachigen Gemeinschaften unterstützten. Sie wollte Migrantin mit den Migranten sein, die Migration nicht als etwas Negatives sehen, sondern in ihr die Möglichkeit fördern, gemeinsam an der Kirche zu bauen. Das Reich Gottes kennt keine Hautfarben, Nationalitäten und Sprachen, und in diesem Sinne sollte der Vision von einem friedlichen Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen Vorschub geleistet werden.

Auch in Bern entstand ein Ableger des Scalabrini-Ordens. Die «Missione Cattolica di lingua Italiana» zeugt von den Anstrengungen der Scalabriniani. Schon 1927 wurde von bonomelianischen Priestern eine Mission gegründet, welche vom Scalabrini-Orden 1947 übernommen wurde. Seither setzt sich die Gemeinschaft ein für die Anliegen der italienischsprachigen Katholiken in Bern. Besonders in den obengenannten Phasen der 1950er- und 1960erjahre konnten zahlreiche italienische Familien auf sprachliche, soziale und spirituelle Unterstützung durch die Scalabrini-Gemeinschaft zählen.

Am 1. Juni 1905 starb Giovanni Scalabrini. Sein Vermächtnis aber nahm dann gerade erst seinen Anfang. Heute zählt der Scalabrini-Orden ca. 600 Priester, 20 Ordensbrüder und 120 Studenten. Giovanni Battista Scalabrini wurde am 9. November 1997 seliggesprochen.

Übrigens: Im Zuge der antiitalienischen Ressentiments wurde in Zürich 1963 die «Schweizerische überparteiliche Bewegung zur Verstärkung der Volksrechte und der direkten Demokratie» gegründet – im Volksmund Anti-Italiener-Partei genannt – die mit rassistischen, hetzerischen Parolen Stimmung gegen die Immigranten machte. Die Parallelen zu heutigen Entwicklungen sind manchmal gespenstisch.

Sebastian Schafer

Anlässlich des Todestags von Giovanni Scalabrini feiert die Missione Cattolica di lingua Italiana das «Festa Scalabrini»: Am 1. Juni sind alle Interessierten herzlich eingeladen zur Eucharistiefeier um 18.30 in der Kirche der Missione, Bovetstrasse 1, 3007 Bern.

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.