«Die Kirche ist kein Unternehmen. Im Zentrum steht der Mensch und die biblische Botschaft.» Arno Stadelmann. Foto: zVg

Der Diplomat

Bischofsvikar Arno Stadelmann geht in Pension. Ein Gespräch über die religiösen Besonderheiten im Kanton Bern, die frohe Botschaft und den Trost.

15 Jahre lang war Arno Stadelmann Bischofsvikar der Bistumsregion St. Verena, zu der die Kantone Bern, Jura und Solothurn gehören. Nun geht er in Pension.

Von Andreas Krummenacher

Er wählt seine Worte mit Bedacht, spricht ruhig. Er entscheidet nicht vorschnell. Arno Stadelmann ist Diplomat. Er hat eine angenehme Art, nichts Aufgeregtes. Er hört zu. Im Gespräch sucht er Anknüpfungspunkte, gemeinsame Grundlagen. Das sei auch in Verhandlungen so, da gehe es durchaus auch um gegenseitige Verbindlichkeiten – aber immer so, «dass alle noch atmen können», wie er sagt.

Arno Stadelmann ist Domherr, er ist Dompropst und leitet das Domkapitel, er ist Mitglied im Bischofsrat. Man traut ihm zu, unterschiedliche Interessen so zu kanalisieren, dass sich niemand zurückgesetzt fühlt. Er wirkt ausgleichend. Arno Stadelmann ist wenig in der Öffentlichkeit präsent, obwohl er der verlängerte Arm des Bischofs ist. Er hat Leitungsfunktionen im Bistum inne, entscheidet in wichtigen Gremien mit und wirkt dennoch meistens im Hintergrund. Vielen dürfte er als Firmspender bekannt sein. Im Gespräch blitzt immer wieder der Seelsorger auf: «Wie kann Kirche möglich werden, wie erzählen wir die christliche Botschaft weiter, wie finden Menschen zusammen? Darum bin ich hier.»

Arno Stadelmann wird 1954 im Luzerner Hinterland geboren. Tischgebete und Kirchgang sind selbstverständlich. Das Studium der Theologie in Freiburg und die Priesterweihe 1980 folgen. Schon früh holt ihn der damalige Bischof Otto Wüst nach Solothurn. Er wird Bischofsvikar, Co-Leiter des Personalamts. 2004 wird das Bistum «regionalisiert». Bischofsvikar Arno Stadelmann wird vom damaligen Bischof Kurt Koch mit der Leitung der neu geschaffenen Bistumsregion St. Verena betraut.

Auf seine Arbeitsfelder in all diesen Jahren angesprochen, hebt Arno Stadelmann drei Schwerpunkte hervor. Er habe sich intensiv mit den Pastoralräumen beschäftigt und in diesem Zusammenhang natürlich mit Personalfragen. Dann waren die anderssprachigen Menschen, die Missionen, zentral. Arno Stadelmann sagt, dass ihm die «anderssprachige Sensibilisierung» sehr wichtig sei. Es habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass «die katholischen Menschen im Kanton Bern ganz verschiedene ethnische Hintergründe haben und alle selbstverständlich dazugehören».

Die Kirchenbilder würden sich unterscheiden, aber das sei das Schöne an der katholischen Kirche. Das Kunststück liege darin, diese Breite zu haben und gleichzeitig das gemeinsame Fundament zu erkennen. Als dritten Schwerpunkt erwähnt er die Ökumene. Der Austausch mit der reformierten Kirche Bern sei oftmals bereichernd gewesen. Die ökumenischen Projekte seien wertvoll. Er spricht von der Spitalseelsorge, von Palliative Care, der Gefängnis- und der Asylseelsorge. Die Reformierten seien natürlich aufgrund der schieren Grösse immer führend, aber man solle sich einbringen, dann werde man auch wahrgenommen.

Reformanliegen interessieren ihn, würden ihn als Katholiken angehen. Wirklich umzutreiben scheinen ihn aber andere Fragen: «Wie erreichen wir die Menschen heute mit dem christlichen Glauben? Ist eine kirchlich-biblische Botschaft noch so interessant, dass es Menschen gibt, die darüber nachdenken? Wie geschieht Verkündigung?» Er habe, so Arno Stadelmann, keine endgültigen Rezepte. «Wenn ich aber an einer kirchlichen Feier auf Menschen zugehe, dann kann ich diese Begegnung positiv gestalten, meine Freude ausdrücken. Vielleicht fällt es auf fruchtbaren Boden. In diesem Sinn bin ich naiv. Wir können bloss säen, nicht zwingend ernten.»

Die Kirche, so Stadelmann, sei kein Unternehmen, dass die Erfolge aufrechnen müsse. Im Zentrum stehe die biblische Botschaft und diese «kann ich nur dann glaubwürdig und echt weitergeben, wenn sie ein Teil von mir selbst geworden ist. Ich erzähle jene Geschichten, die mich umtreiben, die mir vielleicht gefallen oder etwas bedeuten». So sei es auch mit dem Trost. Nur wenn ich Erfahrungen gemacht habe, Anteil am Schicksal von Menschen genommen habe, dann «finde ich auch tröstende Worte». Arno Stadelmann verweist auf eine Bibelstelle bei Jesaja: «Ich will euch trösten wie eine Mutter ihr Kind.» Hier wird Gott weiblich. Den Menschen wird am Ende des Tages tröstlicher Frieden zugesagt. Die Grundlage dafür müssen wir aber selbst suchen und legen. Vermutlich hat Arno Stadelmann in seinen Jahren als Bischofsvikar genau das getan.

 

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