Die 7 Bundesräte

Eine Sieben, die einzig und allein der Stadt Bern gehört

Der Siebnermythos ist global, doch diese Sieben gehören einzig und allein der Stadt Bern – die sieben Häuser an der Oranienburgstrasse unterhalb des früheren Post-Hauptsitzes «Schönburg». Im Volksmund heissen sie die «sieben Bundesräte», obwohl nie ein Mitglied der siebenköpfigen Landesregierung dort gewohnt hat.

Warum die sieben Häuser, die man am besten von der Nydeggbrücke her als Ensemble erfasst, diesen Namen bekommen haben, weiss heute niemand mehr. Wohl wegen der Anzahl, die jedoch auch die Bezeichnung «Sieben Schwestern» nahegelegt hätte, zumal alle Häuser gleich aussehen mit Ausnahme des mittleren, das etwas breiter ist als die übrigen sechs und deswegen auch «Bundespräsident» genannt wird.

«Die Bezeichnung ‹Sieben Bundesräte› stammt sicher nicht von meinem Grossvater. Denn das hätte seinem Architektur- und Lebensstil nicht entsprochen», sagt Martin Steiner, der im «Bundespräsidenten» wohnt. Der Grossvater, das war der Architekt Franz Trachsel (1885–1955), der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit seinen Wohnbauten verschiedene Quartiere in der Stadt Bern geprägt hatte. Er gestaltete unter anderem die Eisenbahnersiedlung Weissensteingut, die Siedlungen Wankdorf und Löchligut, die Überbauung Egelgasse und – eben – die Wohnkolonie Altenberghalde, wie die «Sieben Bundesräte» offiziell heissen.
Ende des Ersten Weltkriegs herrschte in Bern grosse Wohnungsnot, und so entstanden innert kürzester Zeit mehrere Siedlungen. So auch auf dem Gelände des Altenbergs, wo Trachsel zusammen mit dem früheren Stadtingenieur Fritz Steiner eine 14 Liegenschaften umfassende Wohnkolonie plante. 1923 war Baubeginn.

Die «Berner Woche» war begeistert: «Die Wohnkolonie am Altenberg bereichert die Stadt Bern um eine neue, schöngelegene Besiedelung, die namentlich der unteren Stadt zur Zierde gereichen wird … Die Lage mit der Aussicht auf das alte Bern und die Alpenwelt ist eine der schönsten der Stadt.» Weil eine Immobilienkrise dem Bauboom ein rasches Ende setzte, wurde am Altenberg jedoch nur die oberste Reihe der Siedlung an der Talseite der Oranienburgstrasse gebaut (1925). Franz Trachsel, in Süddeutschland zum Architekten ausgebildet, verfocht die sog. «Neue Bauweise»: Mit serienweise vorgefertigten Bauelementen, vereinfachter Architektur, reduzierten Raumansprüchen und optimierter Raumnutzung sollte Bauen billiger gemacht werden. Darunter durfte aber für Trachsel die «künstlerische und zweckmässige Form des Hauses» nicht leiden (zitiert nach Thomas Telley).
Dass Trachsel an der Oranienburgstrasse den Spagat zwischen kostengünstigem Bauen und anspruchsvoller Gestaltung schaffte, attestiert 2010 die städtische Denkmalpflege: «Die einmalige genossenschaftliche Siedlung erweckt Assoziationen an repräsentative, barock geprägte Pavillon-Systeme.» Entsprechend ist sie geschützt. Villen, wie sie etwa im Kirchenfeld-Quartier anzutreffen sind, sind die «Sieben Bundesräte» aber nicht. Es fehlt ihnen das Herrschaftliche, die Freiflächen, die üppigeInnenausstattung. Martin Steiner begründet das so: «Mein Grossvater, der mit dem Sozialistenführer Robert Grimm bekannt war, pflegte genossenschaftliches Gedankengut. Und christliche Bescheidenheit war für ihn nicht bloss ein Schlagwort.»

Synes Ernst


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