Was auf jeden Fall gepackt werden muss: die 7 Sachen.. Foto: Pia Neuenschwander

Die 7 Sachen

Auch wenn es heute andere Gegenstände sind als zu Zeiten der Brüder Grimm

Von Kindsbeinen an umfängt uns die Magie der Zahl sieben. Kinderlieder und Märchen sind voll von Siebenbezügen, und spätestens, wenn das erste Sommerlager vor der Tür steht, ist es höchste Zeit, sich mit den Siebensachen zu befassen, die gepackt werden müssen.

Die Pfadi führt demnächst ihren nationalen Schnuppertag durch. Das gibt mir Gelegenheit, auf eine besondere Beziehung hinzuweisen, welche die Pfadi und andere Jugendorganisationen, wie Jubla oder Cevi, zur Zahl Sieben haben. Denn es gibt keinen Flyer, mit dem Kinder und Jugendliche zur Teilnahme am traditionellen Pfingst- oder Sommerlager eingeladen werden, in dem nicht von den «Siebensachen» die Rede ist, die in den Rucksack gepackt werden müssen. Und kaum sind die Kinder zu Hause zurück, folgen die Berichte, in denen die ominösen «Siebensachen» wiederum einen festen Platz einnehmen.
Bewusst oder unbewusst gibt die Pfadi auf diese Weise einen urtümlichen Begriff an die nachkommende Generation weiter, und das in historisch richtigem Kontext: Wie im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm nachzulesen ist, wird die Bezeichnung «Siebensachen» seit alters her dort verwendet, wo sich Menschen für eine Reise vorbereiten und das dafür Notwendige zusammenpacken.

Was zu den «Siebensachen» gehört, hängt von den jeweiligen (Zeit-)Umständen ab. Wir können allerdings davon ausgehen, dass die «Siebensachen» von früher andere waren als jene, welche die Jugendlichen von heute für nötig erachten, wenn sie sich fürs Sommerlager vorbereiten: Fleece-Jacken, Goretex-Windjacken und -Schuhe, Victorinox-Sackmesser, Alu-Trinkflaschen und wie die modernen Outdoor-Objekte alle heissen, sind längst nicht mehr «die habseligkeiten oder das eigenthum eines menschen, der nicht viel hat», wie der Begriff «Siebensachen» im Grimmschen Wörterbuch auch noch umschrieben wird.

Die wohl bekannteste «Siebensachen»-Aufzählung ist bereits im «Deutschen Liederhort» von 1830 aufgeführt: «Wer will guten Kuchen backen, der muss haben sieben Sachen: Eier und Schmalz, Butter und Salz, Milch und Mehl, Safran macht den Kuchen gehl.» Ein Test mit meiner achtjährigen Enkelin hat ergeben, dass Kinder diese alte Bäckerweisheit heute noch auswendig hersagen können. Ich selber habe das Verslein Mitte der 1950er Jahre erstmals in der Schule gelesen. Schon damals wunderte ich mich über das seltsame «gehl» oder «gel» am Schluss. Wahrscheinlich ist’s nur um des Reimes willen, wie Christian Morgenstern das erklären würde. Hauptsache, der Kuchen wird schön gelb ...

«Siebensachen» müssen sich nicht nur auf Backzutaten beziehen oder Dinge, die man für eine Reise benötigt. Sie können durchaus auch politisch aufgeladen sein, wie Hoffmann von Fallerslebens Gedicht «Die sieben Sachen» aus dem Jahr 1841 belegt. Sieben Charakterzüge zeichnen die verhassten Franzosenfreunde aus, so Besserwissen, Glücksspielen, Schuldenmachen und Vorliebe für Champagner. Dem stellt von Fallersleben sieben andere Eigenschaften gegenüber, die die patriotisch gesinnten Landsleute auszeichnen, so «für andere still zu wirken streben, … nie auf Andrer Kosten prassen, … und gut Deutsch für Recht und Freiheit sprechen.»

Synes Ernst


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