Berner Wellen... Foto: Pia Neuenschwander

Die Welle 7

Für Pendlerinnen und Pendler konzipiert: die «Welle 7» in Bern, die letze im Berner Wellen-Quartett..

In keinem Katalog der bekannten und zum Teil jahrhundertealten Siebner-Phänomene ist sie aufgeführt. Noch nicht. Sollte aber das Konzept der «Welle 7» am Westausgang des Berner Bahnhofs von Erfolg gekrönt sein, könnte es durchaus sein, dass sie dereinst die höheren Siebner-Weihen erhält.

Vor drei Jahren hörte ich zum ersten Mal, dass die Genossenschaft Migros Aare im PostParc am Westausgang des Bahnhofs Bern ein neues Geschäftsmodell namens «Welle 7» plane. «Eine raffinierte Namensgebung», dachte ich mir. Erstens war klar, dass das wellenverliebte Bern den Begriff gleich ins Herz schliessen würde, und zweitens lässt der Name ganz entfernt die «Wolke 7» anklingen, die ihrerseits schöne Träume und unbeschwertes Glück verspricht (wie Leserinnen und Leser dieser Serie wissen).

Die Wirklichkeit ist prosaischer. Auf die Frage, weshalb die Migros-Verantwortlichen auf den Namen «Welle 7» gekommen seien, antwortet Mediensprecherin Andrea Bauer: «Unser Konzeptcenter ist für Pendlerinnen und Pendler konzipiert und ganz auf die Bedürfnisse einer mobilen Gesellschaft ausgerichtet, und das sollte sich auch im Namen widerspiegeln. Somit ist die Welle 7, sowohl was ihren Namen als auch was ihren Inhalt betrifft, die perfekte Ergänzung zu den bestehenden 6 Wellen.»

Die «Welle 7» versteht sich als «Welt für mobile Menschen», die Arbeiten im Workspace, Geniessen, Bildung und Einkaufen an einem zentralen Standort verbinde. Bei der Eröffnung im August 2016 hiess es, die Migros rechne im Gebäude, das auf acht Decks eine Gesamtfläche von 10 000 Quadratmetern aufweist, mit täglich 25 000 Pendlerinnen und Pendlern.

Architekturhistoriker werden im neuen Konsum- und Bildungstempel vielleicht einmal den letzten Ausläufer der Wellenbewegung sehen, welche Bern zu Beginn des 21. Jh. erfasst hat. Ende 2004 war die «Welle von Bern» in Betrieb genommen worden, die Passerelle über die Geleiseanlagen am Westende des Bahnhofs. Ihren Namen hat sie von den sechs wellenförmigen, auf Holzträger montierten Perrondächern. Für die nächsten Berner Wellen – das Zentrum Paul Klee – zeichnete der italienische Stararchitekt Renzo Piano verantwortlich. Es wurde im Juni 2005 eröffnet und ist seither eine Attraktion sowohl für Kunst- als auch Architekturliebhaber. Seit 2008 schliesslich prägt der gläserne Baldachin den Bahnhofplatz Bern. Unter dieser modernen Stadttor-Interpretation empfängt die Bundeshauptstadt jene Besucherinnen und Besucher, die den Bahnhof über den Hauptausgang verlassen.

Für den Baldachin, das Zentrum Paul Klee und die «Welle von Bern» spricht, dass sie alle mit Architekturpreisen bedacht worden sind: Das Klee-Zentrum erhielt 2005 den Prix Acier und 2007 den European Steel Design Award, der Baldachin 2009 ebenfalls den Prix Acier, der für besondere Leistungen im Stahlbau verliehen wird. 2005 wurden die SBB unter anderem wegen der Passarelle vom Heimatschutz mit dem Wakkerpreis belohnt. Welche Auszeichnung wird die «Welle 7» als letzte im Berner Wellen-Quartett bekommen? Ich bin gespannt.

Synes Ernst


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