Bewusstseinsarbeit in den Pfarreien fördern: Toni Hodel. Foto: Manfred Ruch

Doppelstrategie zur Armutsbekämpfung

30 Jahre Caritas Bern - ein Gespräch mit Toni Hodel

Toni Hodel ist ein kritischer Zeitgeist. Während 12 Jahren hat der Theologe das Gesicht der Caritas Bern massgeblich mitgeprägt. Im Interview spricht er über seine Zeit als Geschäftsleiter, das Thema Armut und welche Rolle die Caritas Bern aus seiner Sicht in der heutigen Zeit zu erfüllen hat.

Oliver Lüthi: Sie sind 1996 Geschäftsleiter der Caritas Bern geworden. Welche Organisation haben Sie damals angetroffen?

Toni Hodel: Der augenfälligste Unterschied bestand in der Grösse der Organisation. Die Caritas Bern war viel kleiner als heute. Als Fachstelle Diakonie der römisch-katholischen Landeskirche war die Caritas Bern vor allem in der Pfarreianimation tätig. Die Stelle pflegte einen intensiven Dialog mit Pfarreien, mit dem Ziel, das diakonische Bewusstsein zu stärken. Daneben gab es das Ein-Eltern-Forum für alleinerziehende Väter und Mütter, die Migrationsstelle und es existierte bereits ein Flüchtlingsdienst.

1996 war auch das Jahr, in dem die Caritas Bern zu einem eigenständigen Verein wurde. Wie wirkte sich das auf Ihre Arbeit aus?

Wir mussten uns eigenständiger positionieren – nicht nur als katholisches Hilfswerk, sondern auch im Rahmen der Gesamtgesellschaft. Die neue Struktur ermöglichte aber auch schnellere Entscheidungen. Dies war eine Voraussetzung, um zu einem anerkannten Partner der öffentlichen Hand zu werden. Die Caritas Bern begann, eigenständig Themen zu besetzen und wurde zunehmend als Fachorganisation für soziale Arbeit wahrgenommen.

Als Fachorganisation nimmt die Caritas Bern heute zahlreiche Aufträge der öffentlichen Hand wahr. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Ich finde, die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand sehr wichtig. Diese bietet die Chance, konkret Einfluss zu nehmen. Wenn man sich als Fachorganisation positionieren will, muss das über die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand geschehen. Gleichzeitig finde ich, dass die Caritas Bern etwas mehr Bewusstseinsarbeit in den Pfarreien leisten könnte.

Die Armutssituation im Kanton Bern hat sich weiter verschlechtert, wie der neuste Sozialbericht zeigt. Welche Notwendigkeit ergibt sich daraus für die Arbeit der Caritas Bern?

Ich finde es braucht eine Doppelstrategie zur Bekämpfung der Armut. Einerseits die konkreten Projekte wie die Caritas-Märkte, die KulturLegi oder die Patenschaftsprojekte, aber auch die integrationsarbeit für Flüchtlinge. Zusätzlich braucht es Positionsbezüge auf der politischen Ebene. Die Politik muss durch familienergänzende Massnahmen genug Einkommen für Familien gewährleisten und eine minimale soziale Sicherheit gemäss SKOS-Richtlinien garantieren. Ohne das wird es keine Verbesserungen geben.

Interview: Oliver Lüthi, Caritas Bern

 

Jubiläum
Die Caritas Bern wurde 1986 als Fachstelle für Diakonie der römisch- katholischen Landeskirche gegründet. Aus einem Hilfswerk mit zwei Angestellten ist in 30 Jahren ein über 100-köpfiger Betrieb und damit eine wichtige soziale Organisation entstanden. Die Caritas Bern stellt ihre Arbeit im laufenden Jahr an verschiedenen Standaktionen vor.
Informatione finden sich auf der Website www.caritas-bern.ch

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