Gottes Segen soll allen liebenden Menschen zukomme. Foto: Mar Castellanos / photocase.de

«Ehe für alle»

Reformierte Kirche empfiehlt Öffnung, Katholische Kirche bleibt ambivalent

Die Abgeordneten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) befürworten die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare – zunächst auf staatlicher Ebene. Die röm.-kath. Bischöfe beziehen keine Stellung, weil die Zivilehe nicht zu ihrem Zuständigkeitsbereich gehöre. Sie plädieren für eine Anpassung des Gesetzes über eingetragene Partnerschaften.

Hintergrund für die aktuellen Diskussionen ist die parlamentarische Initiative «Ehe für alle» und daraus resultierend ein Vorentwurf der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates. Dieser wurde in die Vernehmlassung geschickt, dazu haben sich die Kirchen geäussert.

Die parlamentarische Initiative wurde 2013 von der Fraktion der Grünliberalen Partei eingereicht. Sie beinhaltet die wesentlichsten Elemente zur Öffnung der Ehe im Zivilrecht. Eine zusätzliche Variante ergänzt die Kernvorlage mit dem Zugang zur Samenspende für gleichgeschlechtliche weibliche Ehepaare.

Die Abgeordneten des SEK bekunden mit ihrem Entscheid die Unterstützung dieser Initiative. Was das für kirchliche Trauungen von Homosexuellen bedeutet, diesen Entscheid überlassen die Abgeordneten den Mitgliedskirchen in den Kantonen. Es wird zwar empfohlen, den neuen, zivilrechtlichen Ehebegriff auch kirchlich zu adaptieren, jede Pfarrperson aber habe in dieser Angelegenheit Gewissensfreiheit, es dürfe also niemand gezwungen werden, ein homosexuelles Paar kirchlich zu trauen.

Haltung der Schweizer Bischofskonferenz (SBK)

Die Schweizer Bischöfe haben sich im Frühling zu diesem Thema geäussert. An einer Medienkonferenz Mitte September sagte der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Felix Gmür, auf Nachfrage, zu diesem Thema sei alles gesagt, die Bischöfe würden sich nicht weiter äussern. Was haben Sie also gesagt?

Im Wesentlichen, dass man keine Stellung beziehen will, weil man für die Zivilehe nicht zuständig sei. In der Vernehmlassungsantwort, diese ist öffentlich und liegt in französischer Sprache vor, schreiben die Bischöfe, zum Zuständigkeitsbereich der katholischen Kirche gehöre in erster Linie die sakramentale Eheschliessung und die Verbindung von Mann und Frau vor Gott und nicht die Zivilehe.

Aus diesem Grund verzichte sie, dazu Position zu beziehen. Dennoch lässt es sich die SBK nicht nehmen, ihre Bedenken zu dem Vorhaben zu äussern. Sie sei sich der «ernsthaften» ethischen Fragen bewusst, die sich im Zusammenhang mit einer Einführung der «Ehe für alle» stellten, schreibt die SBK in ihrem Begleitbrief vom 13. Juni. Denn es sei «unmöglich», eine Diskussion darüber zu führen und dabei mögliche Folgen ausser Acht zu lassen, namentlich die Kindschaft und den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin, heisst es in der Eingabe. Ein solcher Zugang zur Fortpflanzungsmedizin wird von den Bischöfen abgelehnt.

Sie begründen ihre Ablehnung mit dem Recht des Kindes: Die Unkenntnis über um den eigenen biologischen Ursprung verursache Leiden und erschwere die persönliche Entwicklung des Kindes. Die SBK kritisiert das Ziel dieser Vorlage, «möglichst rasch allen Paaren Zugang zur Ehe zu gewähren». Das ist der Kommission tatsächlich ein Anliegen, wie aus ihrem erläuternden Bericht hervorgeht.

Die Bischofskonferenz verlangt hingegen, dass alle wichtigen Folgen berücksichtigt werden, insbesondere was die künftigen Kinder betreffe. Die Bischöfe sind zudem der Ansicht, für die anvisierte Öffnung der Zivilehe müsste Artikel 14 der Bundesverfassung geändert werden, wodurch sich Volk und Stände äussern könnten. Dies würde eine «gesellschaftliche Debatte» ermöglichen. In dieser Bestimmung ist das Recht auf Ehe und Familie verankert.

Lösungsvorschlag der Bischofskonferenz

Anstelle einer Einführung der «Ehe für alle» plädieren die Bischöfe für eine Anpassung des Gesetzes über die eingetragene Partnerschaft, das 2007 in Kraft getreten ist. Aus ihrer Sicht ist nicht die Verweigerung der «Ehe für alle» stigmatisierend, sondern dass die Betroffenen ihre sexuelle Orientierung offenlegen müssen, wenn sie ihren Zivilstand bekannt geben.

Sie fordern den Nationalrat auf, eine Lösung zu finden, die die Gleichheit der «LGBT+» beim Bürgerrecht und den Sozialversicherungen anerkennt, gleichzeitig aber eine «nützliche Unterscheidung» aufrechterhalte. Damit könnten sowohl eine bestehende Vielfalt und die Rechte des Kindes berücksichtigt werden, schreibt die SBK in ihrer Eingabe.

Die zivilrechtliche Ehe steht in der Schweiz nur heterosexuellen Paaren offen (Frau und Mann). Seit 2007 gibt es die Möglichkeit einer eingetragenen Partnerschaft. Das ermöglicht gleichgeschlechtlichen Paaren, ihre Beziehung rechtlich abzusichern, jedoch mit klaren Unterschieden zur Ehe.

kath.ch / Andreas Krummenacher

 

Dokumente

Avant-projet « Mariage civil pour tous »

Vorentwurf der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates zur parlamentarischen Initiative «Ehe für alle» (PDF)

 

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