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Eine Kirche umfassender Gleichwertigkeit

Reaktion auf den Kirchenaustritt der sechs Frauen

Der gemeinsame Kirchenaustritt von sechs namhaften Katholikinnen (wir berichteten) am 19. November 2018 gibt zu denken. Die Theologinnen Monika Hungerbühler aus Basel und Jacqueline Keune aus Luzern reagieren und machen, gemeinsam mit gut 300 weiteren Theolog*innen, pastoral Tätigen und Unterstützenden, auf Hintergründe des Austritts aufmerksam – dies in der Hoffnung, dass steter Tropfen vielleicht auch irgendwann den Kirchenstein höhlt. Die beiden Frauen schreiben:

Lange bevor sich die Frauen gemeinsam von ihrer Kirche abgewandt haben, hat diese sich von ihnen abgewandt. Jahrzehntelang waren die Frauen mit einer Institution solidarisch, die mit ihnen nie solidarisch gewesen ist. Und auch wenn wir gut verstehen können, dass es eine Dauer des Unrechts gibt, die Menschen alle Hoffnung verlieren lassen kann, dass sich je noch etwas ändern wird: Wir werden uns mit der Ungerechtigkeit in unserer Kirche nicht abfinden und an der Forderung umfassender Gleichwertigkeit festhalten.

Frauen hören zu – Männer erteilen die Absolution. Frauen backen das Brot – Männer konsekrieren es. Frauen füllen die Bänke der Gebete – Männer belegen die Sessel der Entscheide. Die «Ämtli» weitgehend den Frauen, die Ämter den Männern. Und je höher hinauf es geht, desto männlicher wird es. Und auch wenn Frauen Gemeinden leiten und Männer Kirchenböden bohnern: Es sind vorwiegend Frauen, die dienen, und vorwiegend Männer, die bestimmen. Nicht weil sie besser ausgebildet, begabter oder berufener wären, sondern weil sie Männer sind.

Wir können nicht verstehen, wie Papst Franziskus die frauenverachtenden Zustände im Weltenhaus beklagen und gleichzeitig so wenig Gespür für die Würde der Frauen im eigenen Haus haben kann. Wie er Menschenrechtsverletzungen durch andere benennen und die hausgemachten beschweigen kann. Nicht nur der Klerikalismus ist ein grosses Übel, sondern auch die Unfähigkeit der Amtskirche, ihre kranken und krankmachenden Strukturen zu erkennen und sich so immer neu an einer «Ordnung» der Welt zu beteiligen, die Weisse, Reiche, Heterosexuelle und Männer bis heute als die wertvolleren Menschen erachtet als Farbige, Arme, LGBT und Frauen.

Wie lange noch kann sich die Amtskirche – wider besseres Wissen – daran festklammern, dass es gottgewollt ist, dass Frauen in vieler Hinsicht sprachlos und unsichtbar bleiben? Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist keine Frage von männlichem Wohlwollen, von päpstlicher Barmherzigkeit oder Zugeständnissen, sondern eine von Gerechtigkeit. Und je mehr Gleichberechtigung verwirklicht wird, desto mehr wird der Wille Gottes verwirklicht. Jede Diskriminierung von Menschen widerspricht diesem Willen.

Wir rufen die Kirche dazu auf, jede Herabsetzung von Frauen, von Menschen, aus all ihrem Denken, Reden und Tun zu verbannen. Wir wollen eine Kirche, deren Lehre und Strukturen zu mehr Freiheit und Leben beitragen, deren Denken und Handeln nicht verletzen und deren Kirchenrecht diesen Namen verdient. Eine Kirche, die Frauen auf allen Ebenen mitreden, mittun und mitentscheiden lässt, die Beziehungen zu ihnen ganz neu gestaltet und sich in einer Kultur des Zuhörens und der Auseinandersetzung übt.

Monika Hungerbühler, Theologin, Basel, und Jacqueline Keune, Theologin, Luzern

Die vollständige Medienmitteilung vom 2. Dezember lesen Sie hier (PDF)

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