Vertrauen. Sich bei der Grossmutter geborgen fühlen. Foto: iStock, sdominick

«Frag doch mal das Grosi, es kennt sich da aus!»

Wenn Grosseltern sich an der religiösen Erziehung der Enkel beteiligen möchten, kann dies erwünscht sein oder zu Konflikten führen.

Kennen sie dies? Grosseltern wollen für ihre Enkelkinder das Beste - auch in der religiösen Erziehung. Viele Grosseltern sorgen sich, dass ihre Enkel keine religiöse Begleitung mehr erfahren. Doch manche Eltern reagieren ärgerlich, wenn sich Grossmutter und Grossvater in die religiöse Erziehung einmischen.

Andere dagegen schicken ihre Kinder mit den religiösen Fragen zu den Grosseltern: «Frag doch mal das Grosi, es kennt sich da aus!»
Erziehung ist die ursprüngliche Kompetenz, Verantwortung und Aufgabe der direkten Bezugspersonen, der Eltern. Eltern können sehr darunter leiden, wenn ihnen ihre eigenen Eltern direkt oder indirekt in die Erziehung hineinreden. Gut gemeinte Ratschlage können dann effektiv wie Hiebe wirken, die auch verletzen. Vor allem jedoch dürfen Enkel nicht in innerfamiliäre Konflikte zwischen Eltern und Grosseltern hineingezogen werden.

Was tun? Eltern, die ihre Gottesbeziehung verloren oder ihr Einverständnis im Glauben bewusst zurückgenommen haben, ist zunächst würdigend zu begegnen. Es wird Gründe für ihr Verhalten geben. Je mehr Menschen sich zu einem bestimmten Handeln gedrängt fühlen, desto mehr werden sie sich dabei sperren. Und was können die Grosseltern mit ihrer Sorge tun?
Es gilt zum Beispiel, miteinander zu überlegen: Wenn du selbst unmusikalisch bist, kannst du dennoch dem Kind die Möglichkeit geben, ein Instrument zu spielen? Wenn dir selbst Fussball nicht wichtig ist, kannst du dennoch deinem Kind eine Chance geben, Fussball zu spielen? Wenn du selbst nicht an Gott glauben kannst, kannst du dennoch die Gottessuche deines Kindes unterstützen? - Denn die Fragen nach Gott, die grossen Fragen an das Leben werden beim Kind bleiben. Eines ist sicher: Es ist unerlässlich, die verschiedenen Kulturen von Enkelfamilie und Grosseltern gegenseitig anzuerkennen.

Wenn wir religiöse Rituale nicht leben - auch wenn sie noch so unterschiedlich sind - kann das Kind keine entsprechenden Erfahrungen machen. Kinder lernen durch Vielfalt. Sie lernen dadurch, dass sie sich mit den verschiedenen Handlungsweisen auseinandersetzen müssen. Ich erinnere mich an ein Kind, das bei den Grosseltern intervenierte und klar ausdrückte: «Ich will nie in den Himmel!» - Warum denn, dachten die beiden irritiert? Zuvor hatten sie mit dem Kind als Schlafritual das Gebet zum Schutzengel gebetet, das mit dem Schlusssatz endet: «...damit ich zu dir in den Himmel komm.» «Himmel» ist in diesemZusammenhang für das Kind unfassbar - so weit weg und völlig ohne Bezug zu seinem Leben. Das Kind will in seiner vertrauten Umgebung bei Mama und Papa bleiben. Himmel als ferner, fremder «Ort» kann bei ihm Angst auslösen.
Diese Reaktion hatte aber auch ihre guten Seiten. Das sich anschliessende Gespräch regte das Kind zum Denken an. Dadurch entwickelt das Kind eine Sprache für das Religiöse, es lernt Fragen zu stellen oder sich auch in diesem Bereich kritisch zu verhalten.

Religionspädagogisch kann man sagen, dass Kinder durch die Wahrnehmung des jeweils anderen, Wichtiges für sich selbst hinzugewinnen. Sie sind an anderen, neuen Lebensvollzügen interessiert. Dies ist für die Persönlichkeitsentwicklung sehr hilfreich. Wichtig scheint mir, dass Grosseltern wie die Eltern selber immer auch ihr Gottesbild überprüfen. Wie sprechen wir mit den Kindern von Gott? Es geht darum, Gottesbilder zu kommunizieren, die für das Leben des Kindes befreiend wirken und die Erfahrung erbringen, im Leben radikal geliebt zu sein. Und hier gilt: Menschenbild gleich Gottesbild! Wenn das Kind sich bei Vater und Mutter, bei Grossvater und Grossmutter geborgen fühlen kann, sich geliebt weiss, wird es diese Erfahrung auch auf Gott übertragen. Selbst ohne viel Reden prägt sich eine Grunderfahrung, die für das Kind lebensnotwendig ist - namlich das Vertrauen, im Leben geborgen und geliebt zu sein.

Beat Zosso

Quelle: Prof. Dr. Albert Biesinger, «Opa, hast du den lieben Gott schon einmal gesehen?» in «unterwegs» 3/2015

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