Papst Franziskus wird vom Kronprinz der Vereinigten Arabischen Emiraten, Mohammed bin Zayed Al-Nahyan in Abu Dhabi begrüsst. Foto: Andrew Medichini/Reuters

Franziskus in Arabien

Papst Franziskus weilt für einen dreitägigen Besuch auf der arabischen Halbinsel.

Papst Franziskus ist in Abu Dhabi eingetroffen. Noch nie zuvor besuchte ein Papst die arabische Halbinsel. Der eigentliche Anlass der Reise ist die «interreligiöse Konferenz über menschliche Geschwisterlichkeit», organisiert vom «Muslim Council of Elders».

Neben dem katholischen Kirchenoberhaupt und dem geistlichen Oberhaupt der sunnitischen Muslime, Grossscheich Ahmad Al-Taayyeb von der Kairoer Al-Azhar-Universität werden der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Pastor Olav Fykse Tveit, sowie Vertreter des Judentums, des Buddhismus und der Baha’i sprechen.

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben das Jahr 2019 zum «Jahr der Toleranz» ausgerufen. Der Papstbesuch markiert dabei einen besonders wirkungsvollen Start. Die Emirate vermarkten den Besuch entsprechend. In Medienmitteilungen und Emails wird auf die «religiöse Toleranz» des Landes hingewiesen, auf die Vielfältigkeit und die diverse Gesellschaft. Staatspräsident Scheich Chalifa bin Zayed Al Nahyan wird mit den Worten zitiert: «Universelle menschliche Werte müssen gefördert werden, der zukünftigen Generationen zuliebe.»

Schöne Worte: Scheichs wollen Dialog fördern

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind eine föderale Erbmonarchie. Das Land besteht aus sieben Emiraten. Abu Dhabi ist die Hauptstadt. Den Papst eingeladen hat Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed Al Nahyan während eines Besuchs im Vatikan 2016. Für ihn sei der Papst ein «Symbol des Friedens, der Toleranz und der Förderung der Brüderlichkeit». Mit dem Besuch des Papstes auf der arabischen Halbinsel wolle man den Dialog suchen und die Betonung auf das friedliche Zusammenleben der Völker fördern.

In einem Meinungsstück in den «Gulfnews» vom Dezember 2018 schreibt der Toleranz-Minister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Nahayan Bin Mabarak Al Nahayan: «Wir Muslime erkennen die Wichtigkeit des bevorstehenden Besuchs von Papst Franziskus. Er signalisiert, dass Toleranz, Mitgefühl und Dialog Verständnis und Frieden ermöglichen (...). Er lobt zusammen mit uns allen unseren Schöpfer, der jeden von uns zu einem einzigartigen Individuum gemacht hat und unsere Unterschiede mit universellen Werten überbrückt.» Die Emirate seien über diesen Besuch sehr glücklich. Toleranz und Frieden seien unendlich wichtig.

Programm des Papstbesuchs

Papst Franziskus wurde am 3. Februar vom Kronprinzen in Abu Dhabi willkommen geheissen. Am 4. Februar besucht der Papst die Grosse Moschee, benannt nach dem Staatsgründer Scheich-Zayed-Moschee. Sie bietet Platz für 40’000 Gläubige. Dem Besuch folgt dann die Eröffnung der besagten «interreligiösen Konferenz über menschliche Geschwisterlichkeit». Diese Konferenz wird namentlich von «VaticanNews», also den Vatikan-Medien, grösste Wichtigkeit zugeschrieben.

Am 5. Februar werden schliesslich 100'000 Menschen zur Heiligen Messe im Zayed-Sport-City-Stadion in Abu Dhabi erwartet.

Vatikan will Dialog fördern

Aus dem Vatikan verlautete, man wolle mit dem Besuch den Frieden Gottes mit allen Menschen guten Willens teilen. Es gehe darum die interreligiösen Gemeinschaften zu stärken und einander besser verstehen zu lernen. Papst Franziskus hat in der Vergangenheit verschieden Bemühungen im christlich-islamischen Dialog unternommen. Der 82-jährige Pontifex reiste in verschiedene muslimische Staaten und traf sich mit hohen islamischen Würdenträgern, namentlich 2014 in der Türkei, 2016 in Aserbaidschan, 2017 in Ägypten. Bereits im März will der Papst Marokko besuchen.

Christliches Leben und Menschenrechte

In den Vereinigten Arabischen Emiraten leben über eine Million Christ*innen, hauptsächlich Katholiken. Das sind 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. 1965 wurde die erste Kirche eingeweiht, seit 1974 gibt es einen apostolischen Vikar. Aktuell ist das der Thurgauer Kapuziner Paul Hinder. Dieser hat seinen Sitz in der St. Joseph’s-Kathedrale in Abu Dhabi. 

In den Vereinigten Arabischen Emiraten sind lediglich 11 Prozent der Wohnbevölkerung anerkannte Staatsbürger*innen. Laut Amnesty International und Human Rights Watch gibt es keine Gewaltentrennung, politische Parteien sind nicht zugelassen. Die Hilfsorganisation Human Rights Watch schreibt auf ihrer Homepage: «Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen gehören willkürliche Verhaftungen von Andersdenkenden, Medienschaffenden und Menschenrechtsaktivisten sowie weitere Mängel des Justiz- und Haftregimes. Zudem liegen Berichte über Folter und Misshandlung während der Haft vor.»

Der Staat greife mitunter stark in die Privatsphäre seiner Bürger*innen ein und die digitale Kommunikation werde strikt kontrolliert, heisst es weiter. Frauen würden unter rechtlichen und gesellschaftlichen Diskriminierungen leiden, mehrere der Emirate «bestrafen homosexuelle Handlungen mit langen Gefängnisstrafen».

Ausserdem sind die Vereinigten Arabischen Emiraten am Krieg im Jemen beteiligt. Beobachter gehen davon aus, dass hinter verschlossenen Türen auch diese Krise thematisiert wird, hat der Papst doch vor seiner Abreise explizit dazu aufgerufen, für die Menschen im Jemen zu beten.

Im Gespräch mit «VaticanNews» schildert Bischof Paul Hinder die oftmals prekäre Situation der Christen. Es seien fast ausschliesslich Arbeitsmigranten: «Wenn sie die Arbeit verlieren, müssen sie gleich das Land verlassen, dieser Druck ist ständig da.» Der Glaube gebe diesen Menschen «in der prekären Fremde eine Art Heimat», so Paul Hinder. Für ihn ist der Papstbesuch sehr wichtig, aber zu kurz. Er hätte Franziskus gerne die soziale Lagen in den Emiraten hinter den glänzenden Oberflächen gezeigt. Die Schattenseiten würden «künstlich besonnt, damit man sie nicht sieht». Von Papst Franziskus‘ Besuch wird für die Christen ein «Stimulus» ausgehen, glaubt Hinder, «eine Ermutigung». 

Andreas Krummenacher


HINWEISE

«Arabien-Bischof Hinder, Papstbesuch wird (zu) kurz und sehr intensiv»:  Gespräch mit Paul Hinder auf VaticanNews 

Webseite der St. Joseph's-Kathedrale Abu Dhabi:  www.stjosephsabudhabi.org

Offizielle Webseite zum Papstbesuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten:  www.uaepapalvisit.org

«Pope Francis visit to UAE will reinforce the peace we have been blessed with», Gulfnews, Opinion, Scheich Nahayan Bin Mabarak Al Nahayan, UAE Minister für Toleranz, 19. Dezember 2018 

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