Mala Jeyakumar, Jacqueline Fehr, Barbara Schmid-Federer, Angela Büchel Sladkovic, Simone Curau-Aepli, Anna Tekako,
Anat Weill, Belkis Osman (v.l.): Foto: Magdalena Zimmermann/
Interreligiöses Frauenparlament

«Frauen haben das Hinhören schon lange gelernt»

Das «Interreligiöse Frauenparlament» kommt zum Schluss, dass Frauen ihre Arbeit besser sichtbar machen sollen.

Rund 80 Frauen verschiedener Religionen berieten sich am Sonntag in der Kirchgemeinde von Zürich-Affoltern, wie sie ihre Leistungen besser sichtbar machen, ihren Anliegen Gehör verschaffen und in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit erhalten können. Nach 2014 und 2016 tagte das «Interreligiöse Frauenparlament» zum dritten Mal.

Von Hannah Einhaus

Mit ihren Impulsreferaten gaben die Zürcher Islamwissenschaftlerin Dilek Uçak-Ekinci und Heidi Rudolf vom Katharina-Werk den Auftakt zum vielschichtigen Programm, das Workshops, ein Podium mit Spitzenpolitikerinnen und Religionsvertreterinnen sowie eine Plenumsdiskussion umfasste. Wie sich in verschiedenen Debatten zeigte, haben Frauen in allen Religionsgemeinschaften mit einer untergeordneten Rolle zu kämpfen, die einen mehr, die andern weniger, doch erwies sich dies als gemeinsamer Erfahrungswert und Ansatzpunkt für gemeinsames Handeln.

Dilek Uçak-Ekinci brachte dann in ihrem Impulsreferat ihre Situation als Teil der muslimischen Minderheit und als Frau zur Sprache. Die negativen Pauschalisierungen der nichtmuslimischen Mehrheit liessen sie manchmal zweifeln am Sinn für ihr aktives Engagement im interreligiösen Dialog, doch habe sie sich das Sprichwort des libanesisch-amerikanischen Dichters Khalil Gibran zu Herzen genommen: «Der Zweifel ist ein Schmerz, der zu einsam ist, um zu wissen, dass das Vertrauen sein Zwillingsbruder ist.» Es sei Zeit, sich von der Opferrolle zu trennen und sich selbst sicht- und hörbar zu machen, als Muslimin und als Frau. Auch hätten muslimische Gemeinschaften den Handlungsbedarf erkannt, die Frauen in den eigenen Reihen zu stärken.

«Die Schweiz ist multikulturell, und das ist gut so»

Die Referentin Heidi Rudolf plädierte dafür, der Verschiedenheit der Menschen den Platz einzuräumen statt den Nationalismus zu schüren. Gerade hier hätten Frauen einen grossen Vorsprung: «Frauen haben das Hinhören schon lange gelernt». Den Zuger Nationalrat und CVP-Schweiz-Präsidenten Gerhard Pfister kritisierte sie scharf: «Er bezeichnet die Schweiz als christliches Land und grenzt so alle anderen Gesellschaften aus.» Das fördere eine Apartheid in der Schweiz. «Die Schweiz ist multikulturell, und das ist gut so», betonte Heidi Rudolf und forderte, den Nichtchristen «in echt christlichem Sinn mit Respekt zu begegnen».

In kleinen Workshops tauschten die Teilnehmerinnen persönliche Erfahrungen aus. Jeweils ging es um die Fragen, wie Frauen ihr Engagement besser sichtbar machen, in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit finden und mehr Einfluss in ihren Religionsgemeinschaften nehmen können. Die Massnahmen, die zusammengetragen wurden, überraschen nicht: Nötig sind eine gute Vernetzung, ein lebenslanges Lernen, der Respekt gegenüber den anderen und der Abbau von Vorurteilen. Frauen sollten lernen, die eigene Arbeit besser zu «verkaufen», in der Öffentlichkeit selber aufzutreten und mit Konflikten und Kritik konstruktiv umzugehen.

«Frauen sind der Motor des Fortschritts»

«Wir sind nicht erst legitimiert, Forderungen zu stellen, wenn in der eigenen Gemeinschaft alles in Ordnung ist, sondern schon vorher», sagte die Zürcher SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr in der politischen Diskussionsrunde und fügte bei: «Frauen sind überall auf der Welt der Motor des Fortschritts.» Sie machte keinen Hehl daraus, dass frau Widerstände in Kauf nehmen müsse, wenn sie sich in der Öffentlichkeit exponiere. Es sei jedoch entscheidend, am öffentlichen Leben teilzunehmen.

Barbara Schmid-Federer, bis vor kurzem Zürcher CVP-Nationalrätin, ermunterte die Anwesenden, auch politisch aktiv zu werden. Dies könne zum Beispiel bereits jetzt im Vorfeld der nationalen Wahlen 2019 geschehen. Als Mitglied des Frauennetzwerks Alliance F empfahl sie, auch hier durch Partizipation an Einfluss zu gewinnen.

Simone Curau-Aepli vom Katholischen Frauenbund pflichtete ihr bei: Politische Arbeit sei viel Basisarbeit, da könne jede Frau aktiv werden. Die Herausforderung für die Tagungsteilnehmerinnen wird nun sein, die Impulse in den Alltag in ihrer jeweiligen Umgebung einfliessen zu lassen. Bis zum nächsten Frauenparlament werden wieder zwei Jahre verstreichen.

Für Angela Büchel von der katholischen Berner Fachstelle «Kirche im Dialog» steht fest, dass Religion nicht ins Private abgedrängt werden darf, und die muslimische Seelsorgerin Belkis Osman aus Zürich lautet der Vorsatz «Kampfgeist zeigen». Jaqueline Fehr hatte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gesetze ein Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung sind und die Pioniere für diese Entwicklung in der Zivilgesellschaft leben. Und dort wiederum sind Frauen stark vertreten.


Mehr zum Thema: www.interrel-frauenparlament.ch

 

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