Jährliches Pfadileiter*innenznacht des Corps Windrösli: Ehemalige kochen als Dankeschön. Foto: zVg

Fünf Wochenstunden für ein Dankesessen jährlich

Freiwilligenarbeit von Jungen für Junge. Pfadileitende berichten, was sie dazu motiviert.

Für viele unvorstellbar, für Pfadileitende Alltag: Freiwilligenarbeit. Damit sind sie nicht allein, 2016 hat sich 19,5% der Schweizer Bevölkerung in institutionalisierter Freiwilligenarbeit engagiert. Ein paar Gedanken von Pfadileitenden zu ihrer Motivation dafür.

Von Aline Flückiger, «Luce», seit zehn Jahren Pfadileiterin

Ich habe mich in den letzten zehn Jahren an kalten, regnerischen Samstagen oft gefragt, weshalb ich mir das antue. Kolleg*innen leisteten sich mit ihrem Nebenjobverdienst einen Kurztrip nach Paris, ich wurde einmal im Jahr zu einem Merci-Essen eingeladen. Es schien verlockend und cool, in einem Kaffeeladen etwas zu verdienen. Oft habe ich die Jobausschreibungen angeschaut und überlegt, ob ich die verrauchten Kleider, das Geschrei und die vielen Verkleidungen gegen Milch schäumen und Tische putzen eintauschen sollte.

  • «Leiter sein bedeutet für mich Verantwortung übernehmen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, um ihnen Erlebnisse zu ermöglichen, die sie in dieser Form sonst nicht hätten.»
    Proton, seit zehn Jahren Pfadileiter

Heute bin ich froh, gelernt zu haben, in einem offenen und kreativen Umfeld Verantwortung zu übernehmen, spontane Ideen im Team zu verwirklichen und an mich selber zu glauben. Hätte ich tagein, tagaus Kaffeetische von Flecken befreit, wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.

  • «Es Vorbiud z-si. Aus junge Mönsch dörfe Verantwortig übernäh. Umgang mit Mönsche u Problem guet chönne üebä.»
    Grizzly, seit zehn Jahren Pfadileiter

Als Pfadileiterin habe ich schon in jungen Jahren gelernt, vor Gruppen hinzustehen und zu sprechen, bei Unerwartetem zu improvisieren. Verschiedenste Kurzspiele aus dem Hut zu zaubern, weinende Kinder zu trösten oder übermütige zu beruhigen. Die Schönheit der Natur und frische Luft zu schätzen. Ich habe jährlich zweiwöchige Lager für bis zu 40 Kinder organisiert und war mit besorgten und dankbaren Eltern in Kontakt. Ich wurde in erster Hilfe und als Rettungsschwimmerin geschult und musste zeigen, dass ich die Grundlagen der Pfaditechnik beherrsche. Ich lernte, wie im Notfall vorzugehen ist und wie man mit Suchtfällen umgeht. Ich musste pädagogische Kurse belegen und habe mich mit verschiedenen Kulturen, Religionen und deren Integration in die Vereinsstruktur der Pfadi auseinandergesetzt.

  • «Mir machts extrem viu Spass mit Chind bzw. Teenager zämä öppis z-erarbeite und zämä e cooli Zyt z-verbringe.»
    Nala, seit drei Jahren Pfadileiterin

Hätte ich in einem Kaffeeladen in diesem Umfang gelernt, wer ich bin, was ich kann und was nicht? Hätte ich Freundschaften fürs Leben geschlossen und so viel Selbstbewusstsein entwickelt? Hätte ich dort meine Leidenschaft für Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit entwickelt? Wir werden nie wissen, wie unser Leben ohne jeden Samstag in der Pfadi ausgesehen hätte. Mit meinen Pfadikolleg*innen haben wir aber unisono gemerkt – das wollen wir gar nicht! Viele von uns waren schon als Teilnehmende in der Pfadi aktiv und konnten unvergessliche Erfahrungen sammeln – das möchten wir der Gesellschaft zurückgeben.

  • «Pfadileiter si bedütet für mi, d Freud am Läbe, ar Natur und de Mitmönsche mit angerne z-teile.»
    Eowyn, seit zwei Jahren Pfadileiterin

Nach fast 20 Jahren in der Pfadi überlasse ich das aktive Leitersein nun jüngeren. Viel wird sich ändern, aber trotzdem, oder genau deswegen, hoffe ich, dass unsere Nachfolger*innen wie wir auch von ihrer Freiwilligenarbeit profitieren werden.

  • «Pfadileiter si heisst für mi, mit Lüt öppis uf d' Bei steue, vo däm Chly und Gross cheu profitiere und Spass dranne ha.»
    Mogli, seit fünfeinhalb Jahren Pfadileiter

Auf dass die zukünftigen Leitenden anderen helfen können, ihren Weg in der Welt zu finden. Und dass sie sich nicht abschrecken lassen, wenn ihre Kolleg*innen mit hippen Kleidern aus Paris zurückkommen, während sie ihre Regenhosen von den Schlammflecken der letzten Partie Britisch Bulldogge befreien.

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