Hubert Kössler, Foto Pia Neuenschwander

Ganzheitlich

Ethische und spirituell-religiöse Unterstützung für Patienten, Angehörige und Mitarbeitende. Stellungnahme des Co-Leiters der Seelsorge des Inselspitals Bern.

Die medizinischen Möglichkeiten in der Neonatologie und in der Kinderintensivpflege sind in den letzten Jahrzehnten enorm gewachsen. Damit stellen sich auch neue ethische Herausforderungen an Eltern und an die behandelnden Gesundheitsfachpersonen: «Ist jede medizinisch mögliche Intervention sinnvoll? Ist der Schaden, den ein Eingriff mit sich bringt, kleiner als der zu erwartende Nutzen? Was wollen die Eltern? Was ist der mutmassliche Wille des Patienten?»

Immer mehr Spitäler schaffen Strukturen zur Unterstützung in ethischen Dilemmasituationen. Im Berner Inselspital etwa werden interprofessionelle Fallbesprechungen, sogenannte «moral case deliberations» durchgeführt, in denen die Teilnehmenden die sich zum Teil widersprechenden oder konkurrierenden Werte und Normen benennen und gewichten.
So wird eine differenzierte, der individuellen Situation angemessene Lösung erarbeitet. Neben ethischen Themen werden Patienten und Angehörige durch einen Spitalaufenthalt oft auch mit existenziellen Grundfragen konfrontiert: «Was für einen Sinn hat das alles? Warum trifft es gerade uns? Wie können wir mit einer schwierigen Situation umgehen?» Unter dem Begriff der «vierten Dimension der Gesundheit» wird dieser spirituellreligiöse Bereich gegenwärtig wiederentdeckt und neu auch wissenschaftlich erforscht: Gesundheit umfasst nicht nur körperliche, psychische, soziale Ebenen – sie hat eben auch eine religiös-spirituelle Dimension.
Das Inselspital stellt in den Dienstleistungen des Seelsorgeteams rund um die Uhr ein professionelles Unterstützungsangebot zur Verfügung. Das reicht von spezifisch religiösen Angeboten (Segensfeiern, Gebet) über spirituelle Begleitung (Gespräch, individuell gestaltete Rituale) bis zu notfallpsychologischer Erster Hilfe in Ausnahmesituationen (Stabilisierung, Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit). Weitere Unterstützung wird von Trauerbegleiterinnen, Psychologinnen, Psychoonkologen, Sozialarbeitenden und anderen angeboten.

Hubert Kössler, Co-Leiter Seelsorge und stellvertretender Leiter der Fachstelle Klinische Ethik am Inselspital Bern


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