Nicht lange genug gewartet! (Fenster von Max Rüedi in St. Christophorus, Wangen a.A.)

Geduld bringt Rosen

«Carte blanche» für Alex L. Maier

Der Witz von den drei Pfarrern und den Fledermäusen war mir schon öfters ein Türöffner. Zum Beispiel dann, wenn ich im Auftrag des Bischofs Jugendlichen das Sakrament der Firmung spenden darf. Sie kennen ihn nicht?

 «Es treffen sich ein reformierter, ein christkatholischer und ein römisch-katholischer Pfarrer. Sie tauschen sich über die Freuden und Sorgen ihres Berufs aus. Bald schon stellt sich heraus, dass alle drei ein und dasselbe Problem haben: in ihren Kirchen hausen Fledermäuse. Der reformierte Pfarrer erklärt, dass er die Tiere mit einer speziellen Fledermausvertreibgaspatrone aus der Kirche treiben wollte. Und ja, es habe geklappt – die Tiere seien ausgezogen, aber nach einer Woche wieder zurückgekommen. Der christkatholische Kollege meint, er habe es mit Weihrauch versucht. Nach einem Monat seien die Tiere jedoch wieder in der Kirche eingezogen. Meint der römisch-katholische Pfarrer: Ich habe es anders gemacht. Ich habe die Tiere getauft, mit ihnen Erstkommunion gefeiert, sie gefirmt – und nie mehr gesehen!»

 Der Witz ist nicht neu und scheint vielen zu banal. Dabei kann er durchaus in die Tiefe führen. Da ist zum Beispiel die ökumenische Dimension: Der Witz erinnert daran, dass Christen in verschiedenen Konfessionen zu Hause sind und aus der jeweiligen Tradition heraus anders auf konkrete Fragestellungen antworten. Wir können den Witz aber auch als moderne Fabel verstehen und in Zusammenhang mit den Initiationssakramenten betrachten. 

Wohl kaum ein Katechet und kaum eine Religionspädagogin, keine Gemeindeleiterin und kein Pfarrer, aber auch kein regelmässiger Kirchgänger, der sich nicht schon gefragt hat: Was machen wir eigentlich in der Sakramentenkatechese – und wozu der Aufwand? Die Antwort ist einfach: Wir führen Menschen zu den Sakramenten hin, feiern diese und vertrauen auf das Wirken des Heiligen Geistes. Wenn ich den Witz bei einem Treffen mit Firmlingen oder beim Einstehen vor der Kirche für den Firmgottesdienst erzähle, sage ich den Jugendlichen jeweils, nach dem Gottesdienst seien sie gefirmte Christen. Und sie versprechen es mir in die Hand, sich nicht wie Fledermäuse zu benehmen. 

Ich tue das, weil ich glaube, dass unter der Führung des Heiligen Geistes alle irgendwann wieder zurückkommen werden. Vielleicht hat der römisch-katholische Kollege im Witz nur nicht lange genug auf die Rückkehr gewartet. Ein Redewendung sagt: «Geduld bringt Rosen!» und der Volksmund ergänzt: «Aber zerscht Chnöpf!» 

Alex L. Maier - Theologe, Domherr, Co-Dekan, Pfarrer in Wangen an der Aare. Autorenportraits

 

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