Gemeinsam auf der Suche sein

Mit Kindern über Glauben sprechen

Kinder können einem Löcher in den Bauch fragen. Das ist manchmal anstrengend, aber oft auch unglaublich spannend. Wenn wir Kinder auf ihrem religiösen Weg begleiten, führt uns das zu unseren eigenen Fragen und Ansichten und fordert uns da heraus.

Von Judith Furrer, Leiterin der Berner Fachstelle Religionspädagogik

Die Welt eines Neugeborenen ist noch klein. Es nimmt sich selbst wahr, kann für seine Bedürfnisse eintreten und diese auch lautstark einfordern. Hoffentlich ist dieses kleine Menschlein von anderen Menschen umgeben, die es halten und ihm ein Nest bauen. Bald schon beginnt das Baby jedoch zu krabbeln, es steckt Dinge in den Mund und entdeckt die Welt um sich herum. Mit zunehmender Mobilität vergrössert sich der Handlungsspielraum und spätestens beim Kindergarteneintritt erschliesst sich das Kind auch wichtige Räume ausserhalb der Familie.

Wie ein Stein im Wasser Kreise zieht, wird auch der Aktionsradius eines Kindes mit zunehmenden Fähigkeiten und zunehmender Selbständigkeit grösser. Ein gesundes Kind hat die natürliche Neugierde, sich die Welt, in die es hineinwächst, zu erschliessen, Sachverhalte und Zusammenhänge zu verstehen und zu begreifen, wie die Welt um es herum genau funktioniert.

Je mehr ich weiss, desto mehr will ich wissen

Ein Kind, das in die Welt hinauswächst und das neugierig wahrnimmt, was es umgibt, entdeckt jeden Tag etwas Neues. Und damit kommen sie, die endlosen Fragen: Warum hat der Apfel braune Punkte? Warum geben Kühe Milch? Warum zerspringt das Glas in tausend Scherben, wenn es auf den Boden fällt? Warum macht das Schaumbad Seifenblasen?...

Auch wenn uns als Begleitpersonen manchmal die Antworten ausgehen oder gar der Geduldsfaden reisst; wenn es uns gelingt, den Kindern zu zeigen, dass wir mit ihnen suchen, werden sie neugierig bleiben. Und sie behalten dann das Fragen bei, auch da, wo die Suche nach Antworten schwieriger wird: Wo war ich, bevor ich zur Welt kam? Wie sieht die Seele aus? Warum stirbt meine Schulkollegin an Leukämie? Woher kommt die Welt? Wozu das alles? Wo gehen wir hin, wenn wir sterben? Was macht mich glücklich?

Reden ist Silber, Suchen ist Gold

Hätten Sie diese letzten Fragen für sich abschliessend beantworten können? Ich glaube kaum. Gerade philosophische und religiöse Fragen haben es an sich, dass man sie immer wieder umkreisen kann und immer wieder neue Antworten findet. Darum geht es auch in Gesprächen mit Kindern nicht in erster Linie darum, ihre Frage zu beantworten, sondern mit ihnen auf der Suche nach Antworten zu sein.

Tipps für das Gespräch mit Kindern

  • Sagen Sie dem Kind offen, dass es auf gewisse Fragen keine abschliessenden richtigen Antworten gibt, bieten sie dem Kind jedoch an, gemeinsam nachzudenken.
  • Fragen Sie ruhig zurück: Was denkst du darüber? Wie stellst du dir das vor? Hast du eine Idee? Auf diese Weise bestärken Sie das Kind, seine eigenen Vorstellungen zu äussern und diese als wertvoll zu erfahren.
  • Wir lernen gemeinsam und voneinander. Erzählen Sie dem Kind ruhig von Sich. Davon, wie Sie die Frage beantworten würden. Danken sie jedoch daran: es geht um gemeinsames Suchen und nicht um richtig oder falsch.
  • Wenn Sie Sich überfragt fühlen, dass sagen Sie das offen. Sie können auch gemeinsam mit dem Kind nach Antwortmöglichkeiten suchen. In Kinderbüchern, Kinderbibeln oder auch im Internet finden sich ganz viele Inspirationen.
  • Auf der Suche nach Antworten erschliessen sich Kinder entsprechend ihrem Entwicklungsstand die für sie passende Antwort schlussendlich oft selbst. Und auch wenn Sie, als Begleitperson merken, dass diese (immer provisorische) Antwort vielleicht in ihren Augen nicht ganz korrekt ist, lassen Sie sie stehen. Fragen Sie weiter und vertrauen Sie auf die Fähigkeit des Kindes weiter zu fragen.

 

Spiritueller Alltag mit Kindern
Wer Kinder begleiten und mit ihnen nach Antworten auf ihre Lebensfragen suchen darf, kommt oft selbst ins Fragen: Wie ist das für mich? Wie stehe ich zu dieser Frage? Broschüren und eine Webseite unterstützen Begleitpersonen und geben kleine Hilfestellungen für den spirituellen Alltag mit Kindern an die Hand: www.farbenspiel.family

 

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«Am besten mit viel eigener Neugier.» Kinder und Jugendliche religiös begleiten - Familien, Lehrpersonen und Katechet*innen berichten über ihre Erfahrungen.

 

 

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