Laternenumzug zu Ehren des Heiligen Martin. Foto: Keystone

Heiliger des Menschlichen

Mit einer einfachen Geste zeigt der Heilige Martin, was es bedeutet, Mensch zu sein

Der Sankt-Martins-Tag am 11. November ist für mich fest im Gedächtnis verankert. Nicht nur wegen des merkwürdigen Brauchs der «Gansabhauet» in Sursee, sondern vor allem wegen der Legende zum Heiligen Martin. Diese bringt all das, was uns Menschen ausmacht, auf den Punkt.

Martin war Soldat, er war Offizier der römischen Armee. Hoch zu Pferd begegnet ihm nun ein Bettler. Ausgezehrt und frierend. Der Soldat schneidet kurzerhand seinen Militärmantel entzwei und gibt dem Armen die eine Hälfte. Weil Martin Mensch war, schien ihm das folgerichtig.

Die Legende geht weiter, dass Martin darauf einen Traum hatte und in diesem Traum erschien ihm Jesus – bekleidet mit jenem halben Mantel, den Martin vorher dem Bettler gegeben hatte. Später wird dieser Martin Bischof von Tours. Er soll schon bald als Wundertäter und vor allem Nothelfer bekannt gewesen sein. Er lebte als Bischof nicht im Bischofssitz, sondern in einer Holzhütte vor den Stadtmauern, heisst es.

Mit dieser Geschichte ist alles ausgedrückt, was wichtig ist und uns zu Menschen macht. Solidarität und Nächstenliebe, Fürsorge, Schutz, Güte und Wärme, Barmherzigkeit und Liebe. Verbunden stets mit der realen Hilfe, dem Mantel, dass man nicht friert, dem Brot, dass man nicht hungert. Martin ist der Heilige des Teilens.

Das alles ist gleichzeitig politisches Programm. Der Soldat Martin ist Repräsentant des Kaisers und er sorgt für soziale Gerechtigkeit.

Die Martinsgans übrigens gibt es, weil es Gänse gewesen sein sollen, die den guten Martin verrieten. Dieser habe sich nach der Wahl zum Bischof – aus Bescheidenheit und aus Respekt vor dem hohen Amt – versteckt. Ausgerechnet in einem Gänsestall. Die Tiere schnatterten so laut, dass Martin schnell entdeckt wurde – die Gänse bezahlen bis heute den Preis dafür.

Andreas Krummenacher

 

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