Sylivia Rui (55), Foto: Nicole Arz

In der Kirche bin ich diejenige, die im Sozial- und Beratungsdienst tätig ist.


Was lieben Sie an Ihrer Tätigkeit?
Bei aller Vernetztheit und Eingebundenheit liebe ich meine Eigenständigkeit, vor allem in der Einzelfallhilfe. Mir obliegt es, wie ich den Kontakt mit den betroffenen Personen gestalte, das bedeutet mir viel. Gerade in einemBereich, wo jemand sich in seiner Bedürftigkeit zeigen muss, kommt der persönlichen Begegnung eine hohe Bedeutung zu. Wie unterstütze ich ihre Eigenverantwortung; wie kann ihre Würde erhalten bleiben? Das fordert mich heraus und ist lohnenswert.

Was ist Ihnen eher lästig?
Zeit absitzen, zuhören und nicht wissen, was ich im Moment an diesem Ort eigentlich soll.

Worauf vertrauen Sie in Ihrem Leben?
Dass wir alle mit der Schöpfungskraft verbunden sind. Dass wir all das durchleben, was wir durchleben, um unserem Wesenskern näher zu kommen, um in Berührung mit der Liebe zu kommen.

Erzählen Sie von einem berührenden Erlebnis!
Ich wähle ein Erlebnis vom Beginn meiner Arbeit. Ein Afrikaner erhielt durch meinen Einsatz einen Beitrag für die Reparatur seines Autos, das für seinen Job unabdingbar war. Plötzlich kniete er sich vor mich hin, stiess ein Gebet und einen Segen für mich aus und sagte, ein Engel sei ihm in mir begegnet. Diese Form der Dankbarkeit kam total echt und völlig unerwartet. Ich erlebe immer wieder ähnliche Momente und das ist gleichzeitig auch schwierig.

Schildern Sie einen schwierigen Moment!
Beim Wissen um das, was unsere reiche Welt dazu beiträgt, dass Menschen ihrer armen Welt entfliehen müssen, beschämt es mich, solche Dankbarkeit und solche Gebete gerade von ihnen entgegengebracht zu bekommen.

Wie leben Sie?
Im Bewusstsein, dass ich mit diesem Vertrauen immer am richtigen Ort zur richtigen Zeit bin, um das Wesentliche zu erkennen. Und das, obwohl mein Widerstand gerne mal den Umständen die Schuld gibt, warum ich mich grade wie zur falschen Zeit am falschen Ort fühle…

Sylvia Rui (55)
Seit fünfeinhalb Jahren Sozialarbeiterin in der Pfarrei St. Franziskus, Zollikofen.

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