Regina Erdin, Spitalseelsorgerin «spitäler fmi ag» (Frutigen, Meiringen, Interlaken) und der römisch-katholischen Pfarrei Interlaken Foto: Nicole Arz

Regina Erdin

In der Kirche bin ich diejenige, welche kranke und sterbende Menschen begleitet.

Regina Erdin ist Spitalseelsorgerin in den Spitälern Frutigen, Meiringen und Interlaken und Seelsorgerin in der römisch-katholischen Pfarrei Interlaken.

Interview: Nicole Arz

Was lieben Sie an Ihrer Tätigkeit? 
Ich liebe die Menschen, besonders die schwächsten und ihre Einzigartigkeit. Ich liebe es, einsamen, leidenden, kranken und sterbenden Menschen die Liebe Gottes weiterzuschenken durch ein offenes Ohr, ein weites Herz, eine liebevolle Geste, das Gespür für «Heruntergeschlucktes» und «Schubladisiertes», Hilfe, die Trauer in Hoffnung zu wandeln und das Teilen von Leid und Freude. 

Was ist Ihnen eher lästig? 
Menschen, die sich zu wichtig nehmen und Sitzungen, die sich unnötig in die Länge ziehen. 

Schildern Sie einen schwierigen Moment! 
Während meines Praktikums in der Psychiatrischen Klinik in St. Urban erlebte ich, wie ein junger Mann plötzlich ausrastete, zu brüllen begann und mit übernatürlicher Kraft Tische und Stühle herumwarf. Blitzschnell wurden wir evakuiert. Den Mitpatienten und Mitpatientinnen war die Angst in den Augen zu lesen. Als die Entwarnung kam, war ich unglaublich erleichtert. 

Erzählen Sie von einem berührenden Erlebnis! 
Eine jüngere Frau musste sich regelmässig im Spital behandeln lassen wegen Komplikationen nach einer Chemo- und Bestrahlungstherapie. Sie wog noch 36 Kilos und musste künstlich ernährt werden. Plötzlich verschlimmert sich ihr Zustand massiv (hohes Fieber, nicht mehr ansprechbar) und die Ärzte befürchteten, dass sie die Nacht nicht überstehen werde. Ihre Schwester wurde gefragt, ob man lebenserhaltende Massnahmen unternehmen soll und diese entgegnete mit fester Stimme: «Macht alles, was ihr könnt, meine Schwester will leben!» Als ob diese Zusage der Schwester den Willen der Patientin gestärkt hätte, ging es ihr von Tag zu Tag besser. Seit eineinhalb Jahren lebt diese Frau zu Hause bei ihrer Schwester, ist zwar auf Sauerstoff angewiesen, aber dankbar für jeden neuen Tag. Dieser Wille zum Leben und die Liebe der Schwester haben mich sehr berührt. 

Worauf vertrauen Sie in Ihrem Leben? 
Ich vertraue auf Gottes Gegenwart, seine Hilfe, Kraft, Liebe und Barmherzigkeit. 

Wie leben Sie? 
Seit meine zwei erwachsenen Kinder ausgezogen sind, lebe ich alleine, arbeite 70% als Seelsorgerin und absolviere gerade den zweijährigen Lehrgang «Christliche Spiritualität». Meine Kraft tanke ich in der Natur bei Wanderungen, lese viel und höre gerne Musik.

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