Theolog*innen an der Papstmesse in Genf. Links, hintere Reihe: Manfred Ruch und André Flury, Bern. Foto: zVg

In die Wüste geschickt

Ernüchternde Erfahrung an der Papstmesse.

An der Papstmesse in Genf setzten vom Bischof zur Seelsorge beauftragte Theologinnen und Theologen ein Zeichen. Pastoralassistent*innen und Gemeindeleitende durften nicht mit Bischöfen, Priestern und Diakonen feiern, obschon sie dieselbe Ausbildung haben und Pfarreien leiten. Ohne sie wäre das kirchliche Leben nahe bei den Menschen in unserem Bistum unmöglich. Sie feierten inmitten der Gläubigen in ihren Alben mit und machten mit Schildern wie «Gott ist grösser als das Kirchenrecht» auf die prekäre Personalsituation aufmerksam.

 

Manfred Ruch, Gemeindeleiter der Pfarrei St. Marien Bern, über seine ernüchternden Erfahrungen trotz des guten Willens von Bischof Felix Gmür.

Vor der Messfeier des Papstes in Genf kam der Vorschlag auf, dass sich nicht nur Priester und Diakone liturgisch gewandet einfinden sollten, sondern auch die anderen Theologinnen und Theologen, die vom Bischof zur Seelsorge beauftragt sind. In unserem Bistum sind sie die zahlenmässig grösste Gruppe, und es ist nicht vorstellbar, wie in Pfarreien und Fachstellen ohne dieses Personal die Aufgaben erfüllt werden könnten.

Der erste Bescheid für diesen Vorschlag war negativ – Bischof Morerod gab bekannt, dass es sich organisatorisch nicht machen liesse. Nach einer Intervention bei unserem Bischof Gmür sah es wieder besser aus. Er wolle sich dafür einsetzen.

Ohne feste Zusage reiste eine Gruppe von Frauen und Männern mit der Tunika im Gepäck nach Genf. Auch ich war dabei, obwohl ich skeptisch war. Aber mit diesem Papst sollte es doch möglich sein, und ihm die Aufwartung zu machen, dem Papst, der so viel Frische und Menschennähe ausstrahlt, ist ja in jedem Fall gut.

Aber es wurde eine ernüchternde Erfahrung. Der Papst schien müde und setzte in der Ansprache wenige Zeichen. Er ging kaum auf die Situation in der Schweiz ein, er erzählte auch nichts vom Besuch im Ökumenischen Rat, von dem er gerade kam.

Und der Idee, dass unsere Gruppe einen Platz bei den ordinierten Seelsorgern fände, war auch kein Erfolg beschieden. Generalvikar Thürig kam zu uns und sagte, er habe es versucht, aber es sei nichts zu machen, es gebe keinen Platz. Wir waren im Übrigen kaum mehr als 20 Personen.

Wir sind uns ja einiges gewöhnt und sind nicht naiv. Aber dass diese kleine Geste, die ja nichts anderes wäre als die Anerkennung der Realität, nicht möglich war, ist einfach beschämend.

Die Kirche blendete uns aus – wir existieren zwar, wir haben in den letzten 40 Jahren das kirchliche Leben geprägt, in Seelsorge, in Katechese, im Ordinariat, wir arbeiten in aller Regel Hand in Hand mit den Ordinierten. Und doch hat dieses Faktum keine Kraft, auch nur einen Buchstaben im römischen Recht zu verändern.

Wenn man unsere Berufsgruppe wieder entfernen würde aus der Kirche, müsste man nichts streichen oder umformulieren. Es ist, als wäre es ein Traum gewesen, oder ein Lapsus in der Geschichte.

Wenn ich auf meine 36 Jahre Berufsausübung in der Kirche zurückschaue, bereue ich es nicht. Es ist ein wunderbarer Beruf. Aber nach diesem langen Weg immer noch nicht angekommen zu sein oder wieder in die Wüste geschickt zu werden, das ist blamabel.
Ich tröste mich damit, dass auch die Kirchenleitungen nicht alles im Griff haben, dass der Geist weht, wo er will und vielleicht andernorts stärker als in der Kirche, und dass es weltweit viele Menschen gibt, die diesem Geist Raum geben. Verstehen aber kann ich es wohl nie.

Manfred Ruch

 

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