Erzbischof Martin Krebs, neuer Botschafter des Heiligen Stuhles in der Schweiz. Foto: Bistum Essen

Ist der neue Nuntius ein zweiter Karl-Josef Rauber?

Martin Krebs weckt Hoffnungen.

Mit dem Deutschen Martin Krebs (64) bekommt die Schweiz und Liechtenstein einen Nuntius, der wohl mehr Gespür für die hiesige Kultur mitbringt als sein Vorgänger.

Kommentar: Raphael Rauch, kath.ch

Der neue Mann in der Berner Nuntiatur steht für all das, was in den letzten Jahren nicht möglich war: Dialog, Neugierde, Verständnis für das Schweizer Kirchensystem. Vorschusslorbeeren bergen die Gefahr in sich, Erwartungen zu schüren, die am Ende enttäuscht werden. Trotzdem könnte sich Martin Krebs als Volltreffer erweisen.

Erstens kommt er aus Deutschland. Seine Herkunft hat den Vorteil, dass er sich in Bundesbern und in Liechtenstein schnell einleben und sich zügig in die Dossiers einarbeiten kann. Nach Karl-Josef Rauber wird Martin Krebs der zweite deutschsprachige Nuntius in der Schweiz.

Zweitens stammt Martin Krebs aus dem Bistum Essen. Dieses gehört zum sogenannten Preussen-Konkordat: Auch hier wählt, ähnlich wie in Chur, das Domkapitel nach einem Dreiervorschlag aus Rom den Bischof. Die Gefahr, dass Martin Krebs das duale System oder das Bischofswahlrecht hinterfragt, besteht somit nicht.

Väter statt Monsignori

Das Bistum Essen steht auch für den Katakombenpakt: Auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil beschlossen 40 Bischöfe, darunter der Essener Weihbischof Julius Angerhausen: Die prunksüchtige Kirche solle zu Grabe getragen werden mitsamt ihren Bischöfen, die sich als Exzellenzen verehren liessen, sich mit teuren Stoffen, auffallenden Farben und edlem Gold schmückten und mit den Reichen und Mächtigen flirteten, aber keine Option für die Armen ergriffen. Die Bischöfe wollten fortan nicht mehr Monsignori sein, sondern schlicht «Väter» genannt werden.

Leider ist mittlerweile auch der Katakombenpakt Geschichte. Aber Martin Krebs kommt aus einem Bistum, das stolz ist auf diese Geschichte und im Befreiungstheologen Dom Helder Camara keinen Staatsfeind sah, sondern einen gern gesehenen Gast.

Heimatbistum attestiert Krebs Sozialkompetenz

Drittens dürfte Martin Krebs Papst Franziskus besser verstehen als Nuntius Thomas Gullickson, der aus seiner rechtskonservativen Gesinnung keinen Hehl machte. Bislang ist Krebs Nuntius in Uruguay. Von der Hauptstadt Montevideo muss man nur den Rio de la Plata überqueren, um in Buenos Aires einzuschiffen, der Heimatstadt von Papst Franziskus. Martin Krebs dürfte Mentalität und Temperament des Papstes gut einschätzen können – auch das ist für die Schweiz und Liechtenstein nur von Vorteil.

Laut einem Bericht seines Heimatbistums wollte Martin Krebs in jungen Jahren Arzt werden. Doch als Zivildienstleistender merkte er im OP-Saal, dass er kein Halbgott in Weiss werden will. Er entschied sich für eine Vatikan-Karriere und diente fortan einem anderen Mann in Weiss. Als Nuntius sieht er sich als Bote des Papstes, der im jeweiligen Land Brücken bauen will.

Wenn nur ein Bruchteil von dem stimmt, was sein Heimatbistum behauptet, dann bringt er die dafür notwendige Sozialkompetenz mit: «Er hört geduldig zu, beherrscht die Gesprächskultur, sucht immer den Augenkontakt mit seinem Gesprächspartner. Er wählt seine Worte sorgfältig. Seine Antworten verraten ein breites und fundiertes Wissen. Seinem Gegenüber begegnet er auf Augenhöhe. Es ist Freundlichkeit und Aufmerksamkeit, die er ausstrahlt und durch die immer eines hindurchscheint: Bescheidenheit.»

All das nährt die Hoffnung, die Schweiz würde mit Martin Krebs einen zweiten Karl-Josef Rauber bekommen.

Die Langversion des Kommentars finden Sie auf kath.ch

 

 

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