Die Initiant*innen zeigen dem Bundesrat die rote Karte. Über Waffenexporte soll im Zweifelsfall das Volk bestimmen.

Katholische Kirche gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer

Zum ersten Mal überhaupt ist eine bischöfliche Kommission im Komitee einer Initiative dabei. Justitia et Pax unterstützt die Korrektur-Initiative.

Eine Allianz aus verschiedensten Parteien und Organisationen hat heute in Bern die Unterschriften für die Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrektur-Initiative)» eingereicht. Die bischöfliche Nationalkommission Justitia et Pax macht im Initiativkomitee mit. Ein Novum.

Von Andreas Krummenacher 

In nur einem halben Jahr sind 130‘000 Unterschriften für die Initiative gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zusammengekommen. Das Thema scheint breit abgestützt. Bei der Einreichung der Unterschriften herrscht darum fröhliche Aufbruchsstimmung. Die Verantwortlichen zeigen sich vom Anliegen überzeugt und sie rechnen der Initiative gute Chancen ein. Gekommen sind fast 200 Menschen, bunt zusammengewürfelt, von links bis in die Mitte. Die Grünen, SP, EVP, Grünliberale und die BDP sind im Initiativkomitee vertreten.

Bischöfliche Nationalkommission im Komitee

Das Anliegen wird beispielsweise von der Frauenkirche Zürich, vom Christlichen Friedensdienst, vom Schweizerischen Katholischen Frauenbund, vom Hilfswerk Heks und eben auch von Justitia et Pax unterstützt. Die Nationalkommission der Schweizer Bischofskonferenz berät die Bischöfe in sozialethischen Fragen. Der Präsident ad interim, Thomas Wallimann-Sasaki, ist an diesem Montag in Bern vor Ort.

Auf Nachfrage erklärt er, dass Justitia et Pax seit Bestehen vor 50 Jahren gegenüber der Waffenexportpolitik der Schweiz immer kritisch eingestellt gewesen sei. Man habe sich im Vorfeld immer wieder kritisch an die Parlamentarier*innen gewendet, man habe auch den Bundesrat angeschrieben. Vergebens. Als dann im letzten Sommer die Frage sehr brisant wurde, als nämlich der Bundesrat die Ausfuhrbestimmungen für Waffenexporte lockerte, da habe die Schweizerische Bischofskonferenz sehr schnell entschieden, dass Justitia et Pax im Initiativkomitee mitmachen soll.

Nicht generell gegen Waffenexporte

«Die Initiative ist», so Thomas Wallimann weiter, «nicht grundsätzlich gegen Waffenexporte. Die Initiative ist dagegen, dass man Waffen in jedes Land exportieren darf, bloss wegen des Gewinns, insbesondere in Länder, wo bereits Bürgerkriege stattfinden.»

Im Zusammenhang mit Waffenexporten wird gerne das Argument der Arbeitsplätze bemüht, der Werkplatz Schweiz dürfe nicht geschwächt werden. Für Thomas Wallimann ist klar, dass man hier ein Werturteil zwischen Arbeitsplätzen und einem Ideal fällen müsse. Er gibt aber zu bedenken: «Waffenexporte waren noch nie friedensfördernd, das darf man so behaupten, weder im Kleinen noch im Grossen. Gerade ein so reiches Land wie die Schweiz, das auch grosses Potential hat hinsichtlich verschiedenster Arbeitsplätze, da muss man schon ehrlich zugeben, dass es fantasievollere Massnahmen gibt, um Arbeitsplätze zu sichern, als nur in der Rüstungsindustrie.»

Klare politische Positionierung

Mit diesem Engagement setzt sich die Kirche, setzen sich die Bischöfe der Kritik aus, sie würden sich in die Politik einmischen, sie würden für eine Position Stellung beziehen. Im Initiativkomitee fehlen CVP, FDP und SVP. Thomas Wallimann-Sasaki hat damit kein Problem. Der Einsatz für eine gerechtere Welt gehöre zum Kern des christlichen Glaubens. In der Schweiz sei es nun mal so, dass sich weite Teile der Bevölkerung, dass sich Parteien und Organisation politisch engagieren würden. Zu diesen Bevölkerungskreisen gehöre auch die Kirche.

Man müsse sich zwei Fragen stellen: «Ist die Wichtigkeit des Themas gegeben und gibt es zu diesem Thema eine Tradition der Stellungnahme?» In diesem Zusammenhang lasse sich feststellen, dass seit Johannes XXIII., seit den 1960er Jahren, der Einsatz für den Frieden und die Ächtung der Waffen ein durchgängiges Motto der Kirche und aller Päpste sei. Nicht immer zur Freude von Mehrheiten und Mächtigen. Wenn man aber nur auf die Mächtigen schaue, sei die Kirche überflüssig.

Ökumenische Bemühungen

Johannes Bardill ist reformierten Pfarrer im zürcherischen Horgen. Er steht neben Thomas Wallimann-Sasaki auf der Bundesterrasse. Gerade im Zwingli-Jahr, so Bardill, sei er der Meinung, man müsse sich hier gegen den Einfluss der Waffenindustrie stellen. Er habe darum letzten Sommer einen Aufruf gestartet. 150 Pfarrpersonen seien diesem Aufruf gefolgt und sie hätten dem Bundesrat einen offenen Brief geschrieben und in der Neuen Zürcher Zeitung eine Anzeige platziert. Darin hätten sie zitiert, man könne nicht Gott und dem Geld dienen.

Thomas Wallimann ergänzt, dass es schon sehr eindrücklich sei, wie breit das Initiativkomitee aufgestellt sei. Das Thema, in Bürgerkriegsländer Waffen zu liefern, das gehen einem einfach grundsätzlich gegen den Strich. Offensichtlicher könne man nicht zeigen, dass der Gewinn, der unternehmerische Erfolg über alles gestellt werde. Deswegen die grosse Empörungswelle. Wenn man christliche Werte zitieren, beispielsweise von Feindesliebe sprechen, dann müssten diese Werte irgendwann konkret werden. «Diese Initiative ist eine Form, wie man in unserem Staat einem christlichen Wert Hand und Fuss gibt», erklärt Thomas Wallimann.

Johannes Bardill ergänzt: «Ich gehe sogar noch weiter, es ist eine Form, wie man verhindern kann, dass diese Werte mit Füssen getreten werden. Die Initiative will ja eine Korrektur gegen etwas, was offenbar in Vergessenheit geraten ist. Man will eine Sicherheitslinie ziehen gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer. Diese Werte scheinen unter die Räder zu kommen. Wer, wenn nicht die Kirchen, müssen hier Einspruch erheben.»

Die Verfassung des Kantons Zürich sei genial, so Thomas Wallimann, «sie schreibt den Kirchen die Funktion zu, an Werthaltungen zu erinnern. An Werthaltungen erinnern, das kann man nicht nur durch schöne Worte, sondern auch durch Taten. Man darf darauf stolz sein, dass sich die beiden grossen Landeskirche für diese Initiative engagieren.»

 

Hören Sie sich hier, auf unserem Twitter-Kanal, ein Statement von Thomas Wallimann-Sasaki an

 

Korrektur-Initiative
Die Verantwortlichen der «Korrektur-Initiative» wollen die Kontrolle über die Rüstungsexport-Politik dem Bundesrat entziehen. Sie soll auf Verfassungs- und Gesetzesebene geregelt werden. Nur so sei eine Mitsprache von Parlament und Bevölkerung gewährleistet. Es wird kein totales Waffenexport-Verbot angestrebt. Bislang gab es bestimmte Ausfuhrkriterien. Bei systematischen und schwerwiegenden Verletzungen von Menschenrechten oder bei einer Bürgerkriegssituation waren früher Waffenexporte ausgeschlossen. Im Jahr 2018 lockerte der Bundesrat diese Kriterien. Erst unter dem Druck der Öffentlichkeit machte er seinen Entscheid rückgängig. Die Initiant*innen wollen nun Klarheit und eine «nachhaltige demokratische Regelung». Darum die Initiative.

 

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