Gegenseitiger Respekt. Am interreligiösen Treffen in Colombo begrüsst der Vertreter der Hindu den Papst. Keystone, E. Ferrari

Katholischer Zukunftskontinent

Eine Woche lang hat Papst Franziskus Asien bereist. Einen Kontinent, den der 78-jährige Lateinamerikaner bis zu seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Weltkirche so gut wie gar nicht kannte. Und doch sieht Franziskus offenbar gerade hier deren Zukunft.


Die High-Tech-Nation Südkorea, wo die die Zahl der Katholiken ebenso schnell wächst wie die Wirtschaftskraft, besuchte er schon im vergangenen August. Nun kamen Sri Lanka mit seinen ethnischen und kulturellen Konflikten und die tief katholischen, aber von krasser sozialer Ungleichheit geprägten Philippinen hinzu. In Sri Lanka stand vor allem die Botschaft der Versöhnung nach dem grausamen Bürgerkrieg zwischen Singhalesen und Tamilen (1986–2009) im Mittelpunkt. Auch nach dessen Ende ist Sri Lanka eine ethnische Zweiklassengesellschaft geblieben.
«Alle müssen eine Stimme haben», sagte Franziskus auf der Insel im Indischen Ozean. Als erster Papst reiste er auch ins Gebiet der besiegten tamilischen Rebellen. Ein interreligiöses Treffen in Colombo mit Vertretern der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit, Hindus, Muslimen und der kleinen Gruppe der srilankischen Christen erlebte einen Papst, der mit Hindu-Schal um die Schultern auf gemeinsame Werte und gegenseitigen Respekt pochte. Dass dieser Respekt vor allem die volle Religionsfreiheit «ohne Zwang und Einschüchterung» erfordert, machte Franziskus bei der Heiligsprechung des «Apostels von Ceylon», Joseph Vaz (1651–1711), deutlich.
Auf den Philippinen wurde der «Papst der Armen» dann schliesslich in Manila von Millionen begeistert empfangen. Acht von zehn Bewohnern gehören im einzigen asiatischen Land mit grosser katholischer Mehrheit ausser Osttimor der Kirche an. Sehr viele sind fromm, das Elend ist krass. Gleich hinter den Luxushotels an der Manila Bay schlafen selbst Säuglinge auf dem Bürgersteig. Für einen Staatsgast ungewöhnlich direkt sprach der Papst denn auch die menschenverachtenden Zustände an. Die skandalöse Ungleichheit führe zu einer «kranken Gesellschaft».
Gewissermassen in der Höhle des Löwen, der Residenz von Präsident Benigno Aquino, verurteilte Franziskus vor Regierung und Parlamentariern die hemmungslose Korruption, die Ungerechtigkeit zementiert und die Armen bestohlen habe. «Nötig ist ein Wandel der Mentalität und des Herzens. » Auch der teils sehr machthörigen Kirche des Landes schärfte Franziskus die Kernbotschaft des Evangeliums ein. Bischöfe und Priester hätten nicht dem Reiz der Annehmlichkeit, sondern Jesus zu folgen und sich ganz in den Dienst der Notleidenden zu stellen. In Manila traf Franziskus auch Strassenkinder, Jugendliche und Familien. Er warnte vor einer «ideologischen Kolonialisierung » der Familie durch westlichen Einfluss. Die von ihm geforderte «Offenheit für das Leben» ist auf den Philippinen derzeit sehr umstritten. Eine Mehrheit sieht das immense Bevölkerungswachstum als Armutsgrund Nummer eins und fordert Verhütungsmittel.

Mit einer grossen Messe im Rizal-Park im Zentrum Manilas hat Papst Franziskus am Sonntag sein Besuchsprogramm auf den Philippinen beendet. Die Stadtverwaltung von Manila bezifferte die Teilnehmer mit sechs bis sogar sieben Millionen. Franziskus mahnte in der Predigt erneut auch zu sozialer Gerechtigkeit und prangerte Korruption an. Alle müssten am «Aufbau einer Welt der Gerechtigkeit, der Rechtschaffenheit und des Friedens» mitwirken.

Christoph Schmidt/KNA/Jürg Meienberg

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