Auch wenn Abschied immer etwas schmerzt – Rudolf D. Sinzig und Organist Martin Heim denken voll Dankbarkeit an ihre Zeit in Thun zurück. Foto: zVg

Kirchenchor Thun

Nach 20 Jahren verabschieden sich der Chorleiter Rudolf D. Sinzig und der Organist Martin Heim.

In der Dreikönigsliturgie vom 8. Januar 2017 in St. Martin Thun verabschieden sich der Chorleiter des römisch-katholischen Kirchenchors Thun, Rudolf D. Sinzig, und der Organist Martin Heim von ihrer über 20-jährigen Tätigkeit.

«pfarrblatt»: Rudolf Sinzig und Martin Heim, Sie beide stehen vor Ihrem letzten Auftritt innerhalb einer Liturgie in der röm.-kath. Kirchgemeinde Thun. Was geht Ihnen da durch den Kopf?

Rudolf D. Sinzig: Es war eine sehr schöne Zeit und ich bin dankbar, dass ich in diesen 26 Jahren auch immer wieder einmal etwas Aussergewöhnliches mit dem römisch-katholischen Kirchenchor Thun aufführen durfte. Ich habe als Chorleiter in dieser Kirchgemeinde sehr viele Freiheiten genossen.
Martin Heim: Auch für mich war es eine lange, wechselvolle und farbige Zeit, die geprägt war von schönen Begegnungen – menschlich wie musikalisch. Für mich als Organist in der römisch-katholischen Kirchgemeinde Thun waren die Liturgien mit dem Kirchenchor immer wieder Höhepunkte. Speziell ist dabei auch, dass der Chor in zwei völlig verschiedenen Pfarreikulturen heimisch ist. Das hat die Arbeit spannend gemacht, aber manchmal auch für unnötige Differenzen gesorgt.
Rudolf D. Sinzig: Ja, diese kulturellen Unterschiede zwischen St. Marien und St. Martin in Thun haben wir immer wieder gespürt. Das Schöne dabei ist aber, dass jedes einstudierte Werk zweimal aufgeführt wird – und beide Male jeweils in komplett anderer Umgebung.

Rudolf Sinzig, Sie haben mehr als ein Vierteljahrhundert lang den röm.-kath. Kirchenchor Thun geleitet, geprägt und gefördert. Wenn Sie zurückschauen: Welches war Ihr grösster Erfolg mit diesem Chor?

Rudolf D. Sinzig: Der grösste Erfolg ist das Wachstum und die Konstanz dieses Chors. Wir zählen derzeit gut 50 Sängerinnen und Sänger. Verglichen mit meinen allerersten Proben als Chorleiter in Thun hat es auch enorme Fortschritte im Lernen gegeben. Heute können wir auch anspruchsvolle Werke wie jenes vonAlexandre Gretchaninoff oder kürzlich Paul Häglers «Missa in a-Moll» aufführen und brauchen uns nicht zu verstecken.
Martin Heim: Ja, mittlerweile sind wir ab und zu fast etwas übermütig geworden – im positiven Sinn!

Und der grösste Misserfolg?

Martin Heim: Ich erinnere mich an einen Mitternachtsgottesdienst an Heiligabend, als wir uns entschieden hatten, statt einer Messe nur Kantaten von Buxtehude zu singen. Da kamen wir an die Grenzen der liturgischen Abläufe eines römisch-katholischen Gottesdienstes. Und dann der Entscheid, das traditionelle «Stille Nacht» nur von den Streichern und dem Chor aufführen zu lassen, ohne dass die Gemeinde mitsingt.
Rudolf D. Sinzig: Ja, das gab eine wahre Palastrevolution!

Martin Heim, auch Sie zählten 20 Jahre lang zu den musikalischen Stützen dieses Chors. Als Organist haben Sie hin und wieder auch Proben geleitet und das eine oder andere Konzert miterlebt. Was hat Ihnen am meisten imponiert am röm.-kath. Kirchenchor Thun?

Martin Heim: Vor allen Dingen die Loyalität der Chormitglieder, die sie auch mir als Stellvertreter ihres Dirigenten, der ich kein Chorleiter bin, entgegengebracht haben. Und dann dieser Enthusiasmus und die Bereitschaft, bei jedem Werk wieder etwas über sich selbst hinauszuwachsen. Die Gretchaninoff-Messe – nur mit Orgelbegleitung – oder Häglers «Missa in a-Moll» wurden so zu unvergesslichen Höhepunkten.
Rudolf D. Sinzig: Gerade diese beiden Werke waren eine immense Herausforderung für einen Kirchenchor, der nur ganz selten Konzerte bestreitet. Und ich hoffe sehr, dass die Kirchgemeinde Thun auch weiterhin mit ihrer grosszügigen Unterstützung solche Perlen der Musikgeschichte und regelmässige Orchestermessen ermöglichen wird.

Sie haben beide auch ausserhalb der Region Thun immer wieder gespielt, respektive gesungen und dirigiert. Was macht den Unterschied aus vom Thuner Kirchenchor zu anderen Chören?

Rudolf D. Sinzig: Wir haben von Seiten der Geistlichkeiten immer grosse Freiheiten im musikalischen Gestalten erhalten. Das ist keineswegs selbstverständlich.
Martin Heim: Hier spürt man: Die Menschen besuchen die Messe auch wegen des Kirchenchors; da herrscht eine grosse Dankbarkeit.

Nun treten Sie beide fast gleichzeitig in den Ruhestand – legen Sie die Kirchenmusik damit ad acta?

Rudolf D. Sinzig: Nein, solange meine Stimme noch funktioniert, werde ich weiterhin als Sänger tätig sein. Aber das Dirigieren, das gebe ich auf – und geniesse dafür als Konzertbesucher die Musik von der anderen Seite aus.
Martin Heim: Ich behalte meine Stelle als Organist bei der reformierten Kirchgemeinde Unterseen und verabschiede mich so schrittweise in den Ruhestand.

Interview: Heinerika Eggermann Dummermuth


Pfarrei St. Martin Thun

 Nach 26 Jahren übergibt der ausgebildete Bariton Rudolf D. Sinzig beim römisch-katholischen Kirchenchor Thun die Leitung an den Kantor und Organisten Joseph Bisig. Letzterer ist in Thun kein Unbekannter, leitet er doch den Kirchenchor Thun-Strättligen sowie den Cäcilienchor Thun. Bereits seit Sommer 2016 ist er als Hauptorganist in der röm.-kath. Kirchgemeinde Thun tätig.
Gleichzeitig mit Rudolf D. Sinzig verabschiedet sich Organist Martin Heim nach 20 Jahren aus Thun. Gemeinsam geben die beiden abtretenden Musiker als Duo ein Abschiedskonzert: Am Sonntag, 15. Januar 2017, erklingen um 17.00 Uhr in der Marienkirche Thun Werke, die den beiden in ihrer Wirkungszeit als Kirchenmusiker ans Herz gewachsen sind. So etwa Antonin Dvoráks «Zwei Marienlieder op. 19b», Josef Gabriel Rheinbergers «Arie für Orgel» oder «Sechs religiöse Gesänge op. 1».

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