Segel setzen statt Prinzipen reiten. Foto: fotolila.de, Ezume Images

Kirchlicher VW-Skandal

Das am Dienstag, 3. November, veröffentlichte Schreiben der Schweizer Bischöfe über die Zusammenarbeit von Priestern und Laientheologinnen und -theologen sei weder ein Dekret noch ein Verbot, sondern lediglich eine Erinnerung an geltende Prinzipien. Dies sagte Bernard Bovigny, Mitarbeiter der Kommunikationsstelle der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) gegenüber dem Portal cath.ch.

Das Schreiben sei die Antwort auf Fragen, die die Bischöfe nach ihrem letztjährigen Besuch in Romzu hören bekommen hatten. Das jüngste Schreiben der Schweizer Bischöfe mit dem Titel «Das Miteinander von Priestern, Diakonen und LaienseelsorgerInnen in der Feier der Eucharistie» hält fest, dass in der Eucharistiefeier ausschliesslich Priester berechtigt sind, die Predigt zu halten. Der Brief mache nichts anderes, als auf das Kirchenrecht hinzuweisen. Dieses schreibt vor, dass wenn ein Laie in einem Gottesdienst predige, dies nicht als Homilie (die Predigt im Rahmen der liturgischen Feier) vorgetragen werden soll, sondern beispielsweise als Glaubenszeugnis.

Bovigny hebt deshalb hervor: «Das Schreiben der Bischöfe ist nicht als Verbot gedacht, sondern erinnert ganz einfach daran, dass die Homilie eine Aufgabe des Priesters ist.» Bovigny sagt auch, dass das Schreiben eine Antwort auf verschiedene Fragen sei, welche den Schweizer Bischöfen bei ihremBesuch im Vatikan im Jahr 2014 (dem sogenannten Ad-Limina-Besuch) mit Blick auf die Stellung der Laien gestellt worden seien. Auslöser dafür war die 2012 von 540 pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – mehrheitlich aus der deutschen Schweiz – eingereichte «Pfarrei-Initiative», die zudem von 1090 weiteren Personen unterschrieben worden sei. In einem eigenen Schreiben erklären die Bischöfe von Basel und St. Gallen, dass sich an der Praxis in ihren Bistümern trotz Schreiben der SBK nichts ändert.

kath.ch/Jürg Meienberg

Kommentar

Kirchlicher VW-Skandal
Schon erstaunlich. Am Tor zum Jahr der Barmherzigkeit veröffentlichen die Schweizer Bischöfe ein Papier über die Zusammenarbeit von Priestern und Laientheologinnen und -theologen, dessen Publikation ihre liberalen Mitbrüder noch vor einiger Zeit verhindert haben. Schon damals war es unzeitgemäss. Jetzt ist der Zeitpunkt noch ungeschickter.
Die katholische Welt atmet unter dem neuen Papst und seinem Beraterstab auf, Barmherzigkeit soll stärker gewichtet werden als kirchenrechtliche Prinzipien. Die Bischöfe Gmür und Büchel spüren den neuen Wind und setzen Segel. Sie veröffentlichen mit dem Schreiben immerhin einen Brief mit der Versicherung, dass in ihren Bistümern alles beim Alten bleibe.
In Zeiten des Personalnotstands ist es nicht hilfreich, die eingespielten Teams weiter zu verunsichern. Und Teams, die nicht funktionieren, werden auch durch Pochen auf Prinzipen nicht besser zueinander finden.
Zugegeben, die Kirche hat es in unserer pluralistischen Gesellschaft nicht einfach. Aber sie steht sich selber schmerzlich im Weg. Viele Profis und Freiwillige leisten in Pfarreien, Pastoralräumen und Kirchgemeinden ausgezeichnete Arbeit. Sie widerstehen allen Widerwärtigkeiten und hausgemachten Fehlern.
Welchen Sinn es macht, auf diesen Menschen stets aufs Neue herumzutrampeln, erschliesst sich mir nicht mehr. Das Vorgehen der Schweizer Bischofskonferenz erinnert an den VW-Skandal. Im Produkt Kirche steckt nicht das drin, was offiziell deklariert wird. Barmherzigkeit sieht anders aus.

Jürg Meienberg

 

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