Kreuzweg in Bolivien

Jeden Freitagabend der Fastenzeit zog im bolivianischen Dorf eine Schar Leute von Haus zu Haus und betete den Kreuzweg Jesu. Die lokale Jugendgruppe gestaltete die 14 Stationen zu aktuellen Problemen im Dorf: häusliche Gewalt, moderne Sklaverei, Machtmissbrauch, Bildungsnot, Hunger usw. Der Zufall wollte es, dass die Kritik am Drogenhandel das Haus eines grossen Drogenhändlers traf. «Dieses Risiko gehen wir ein», sagten die Jugendlichen. Der Hausherr war nicht anwesend, die übrige Familie bedankte sich für den Besuch mit blasser Miene. Geändert hat sich nichts, aber die Jugendlichen waren froh, die Probleme thematisiert zu haben. – Der Kreuzweg Jesu geht überall auf der Welt in Millionen von Menschen weiter. Wir schauen zu. Manche wagen es, etwas gegen Unrecht und Gewalt zu sagen oder zu tun. Sie setzen sich in Organisationen wie Amnesty, Erklärung von Bern, Human Rights Watch für die Entrechteten ein: gegen Hungerlöhne in armen Ländern, Rohstoffraub grosser Firmen, Land- Grabbing, Spekulation mit Nahrungsmitteln … Auch Jesus, der schon damals alle sozialen, ethnischen und religiösen Grenzen überschritten hat, wäre heute ein entschiedener Verfechter der Menschenrechte, des Völkerrechts, der sozialen und kulturellen Rechte aller Menschen. Er würde jede Form des Machtmissbrauchs kritisieren. Welcher Religion er angehören würde, wäre nicht wesentlich. Er würde sagen: Gott – gleich mit welchem Namen – ist für die Menschen da.

José Balmer vertritt seine persönliche Sicht. Wer auf seine Anregungen einsteigen will, kritisch, zustimmen oder ergänzend, kann das in unserem begleitenden Forum tun (Online-Formular, Email).

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