Neue Perspektiven auf die Kanzel: Werk von Erika Jaun unter der Kirchenbank in Sursee. Foto: Sylvia Stam

Kunst unter der Kirchenbank

«Blumen für Thomkins» - ein Kunstwerk des Luzerner Künstlers Wetz

40 Kunstschaffende haben sich vom Luzerner Künstler André Thomkins inspirieren lassen. Ihre Werke hängen in der reformierten Kirche Sursee unter den Kirchenbänken. Die Ausstellung «Blumen für Thomkins» ist selber ein Kunstwerk des Luzerner Künstlers Wetz.

Von Sylvia Stam

Fitness und Musse braucht, wer die Ausstellung sehen will. Auf dem Rücken liegt die Betrachterin, der Betrachter am Boden, ein geblümtes Kissen unter dem Kopf, und schiebt sich unter die Kirchenbänke durch. Hier, mit einem Abstand von 15 Zentimetern, erblickt er oder sie wahre Wunderwerke: Auf kleinen Tableaus von etwa 30 × 40 Zentimetern hängen je drei Werke von 40 mehrheitlich einheimischen Kunstschaffenden unter den Kirchenbänken.

   Auge in Auge mit einer Papst-Tiara (Brigitte Steinemann). Foto: Sylvia Stam

Da sieht man sich unversehens Auge in Auge mit einer Collage des Teufels (von Nina Steinemann, Neuenkirch). Eine Papst-Tiara aus Textilien wird der Mütze des Reformators Ulrich Zwingli und einer muslimischen Kopfbedeckung für Männer gegenübergestellt (Brigitte Steinemann, Neuenkirch). Unter den Bänken hängen grossflächige farbige Blumen (Aline Brun, Sursee), eine weisse Kuh in Madonnamit-Kind-Pose (Bruno Fischer, Boniswil) und comicartige Figuren, die an Kinderbücher erinnern (Isabelle Kurmann, Knutwil).

   Wer weniger fit ist, nimmt den Spiegel zu Hilfe. Hier ein Werk von Isabelle Kurmann. Foto: Sylvia Stam

Vielfältige Materialien

Eindrücklich ist die Vielfalt im Ausdruck und in den verwendeten Materialien: Da stehen filigrane Tuschezeichnungen (Dora Wespi, Neuenkirch) neben Werken aus Wolle (Lorena Heini, Sursee) oder Glas (Roger Scholz, Rümlang). Den Reiz der Ausstellung macht die Perspektive aus. Unwillkürlich treten die Werke in einen Dialog mit den Kirchenbänken. Die knallrote Kanzel kontrastiert mit dem Grün des Rilkebildes, und auch die Glasfenster von André Thomkins, dem die Künstler*innen mit ihren Bildern eine Referenz erweisen, wirken aus der Froschperspektive überraschend anders.

«Das Gute finden»

Dieser Perspektivenwechsel ist beabsichtigt, wie der für die Ausstellung verantwortliche Künstler Wetz im Interview auf der Website zur Ausstellung sagt: «Oft muss im Leben das Gute gefunden werden. Es wird einem nicht immer gleich vor die Füsse gelegt.» Der Hauptgrund liege aber darin, nicht in diesen «perfekten Raum mit weiteren Bildern einzugreifen. Die Fenster sind Bilder genug.»

   Die Fenster von André Thomkins wirken aus der Froschperspektive neu. Foto: Sylvia Stam

Wer weniger fit ist, kann die Bilder mit Hilfe eines Spiegels, an dem ein langer Stiel befestigt ist, im Stehen anschauen. Die Namen der Künstler*innen sind am Rand der Kirchenbänke notiert, dazu ein QR-Code, mit dem Informationen zu ihnen und ihrem Werk aufgerufen werden können.

Zwei Künstler aus Luzern
Werner Alois Zihlmann alias Wetz ist ein Luzerner Maler, Objektkünstler und Bildhauer. Er lebt und arbeitet u. a. in Sursee und Beromünster. Seit 2011 ist er für das Projekt «Kunst und Kultur im Landessender Beromünster» verantwortlich, zu dem auch die Ausstellung «Blumen für Thomkins» gehört. Der Luzerner André Thomkins (1930–1985) war ein Maler, Zeichner und Dichter, der von Surrealismus und Dadaismus beeinflusst war. Die Glasfenster der reformierten Kirche Sursee stammen von ihm.
Noch bis 7. Mai 2022 | Weitere Informationen finden Sie hier

Dieser Beitrag erschien zuerst im Kantonalen Pfarreiblatt Luzern.

 

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