Einmaliges Zeichen für eine neue Zeit. Vor der Bischofsweihe 1994: v.l.: Maria Kellenberger, Hansjörg Vogel, Moritz Bühlmann. Foto: Archiv «pfarrblatt»

Liturgische Zeichen für eine geschwisterliche Kirche

Wie eine Frau bei der Bischofsweihe 1994 erstmals eine «tragende Rolle» spielte...

Kirche lebt auch von Zeichen. Und gerade in komplexen Situationen können Zeichen die Augen dafür öffnen, was ist, und bisweilen sogar neue Realitäten schaffen. Das zeigte sich bei der Bischofsweihe von Hansjörg Vogel (1994).

Ein herausragendes, weltweit vielleicht erstmaliges Zeichen für eine Kirche mit den Frauen hat Hansjörg Vogel am Ostermontag 1994 bei seiner Weihe zumBischof von Basel gesetzt. Beim Weihegebet halten normalerweise zwei Diakone ein geöffnetes Evangeliar über den Kopf des knienden Bischofs. Dieses Element der Bischofsweihe wird schon in den «Apostolischen Konstitutionen» vomEnde des 4. Jhs. n. Chr. erwähnt und soll – neben der Bitte um Geisterfüllung des neuen Bischofs – zum Ausdruck bringen, dass das Evangelium Richtschnur und Korrektiv für das Handeln des Bischofs ist. Im Laufe der Kirchengeschichte wurde das Ritual flexibel ausgestaltet und das Evangeliar von Diakonen, Priestern oder Bischöfen gehalten. Bei der von Otto Wüst geleiteten Bischofsweihe wurde das Evangeliar von Moritz Bühlmann und Maria Kellenberger- Hasler über den Kopf von Hansjörg Vogel gehalten.

Moritz Bühlmann war Pfarrer in Ostermundigen. Maria Kellenberger war Gemeindeleiterin in St. Marien, Bern, wo Hansjörg Vogel bis zu seiner Wahl als Pfarrer gewirkt hatte. Beide waren bei der Bischofsweihe auch schon an der Seite von Hansjörg Vogel in die Solothurner Kathedrale eingezogen. Diese bedeutungsvollen, kreativ neu gestalteten liturgischen Zeichen erregten Aufsehen. Sie brachten zum Ausdruck, dass Kirche auch in ihren Leitungsfunktionen neuen Zeiten entgegengeht. Frauen und Männer, Kleriker und Laien, Verheiratete und Unverheiratete prägen die Kirche gleichermassen und haben durch das grundlegendste aller Sakramente, die Taufe, gleichen Anteil am Wesen und Auftrag der Kirche.

Für Maria Kellenberger selbst, mit der ich später in St. Marien als Pastoralassistent zusammenarbeiten durfte, bedeutete ihre überraschende Funktion bei der Bischofsweihe eine stellvertretendeWürdigung des segensreichen Wirkens unzähliger Frauen in der Kirche. Bei ihrer eigenen Institutio hatte sie 1989 im «pfarrblatt » geschrieben: «Seelsorge geht für mich in erster Linie von der Frohbotschaft des Evangeliums aus.» Dass sie mit dem Evangelium in der Hand sogar bei einer Bischofsweihe einmal eine «tragende Rolle» spielen würde, hätte sie damals wohl nicht zu träumen gewagt.

Detlef Hecking, Bibelpastorale Arbeitsstelle SKB


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