Prozession durch das Quartier der Pfarrei Bruder Klaus Bern.

Maria international

Am Sonntag, 27. Mai, fand zum 20. Mal das internationale Marienfest statt. Ein vielfältiger und vielsprachiger Anlass

Am Marienfest in Bern zogen am Wochenende Menschen aus rund einem Dutzend Ländern in einer religiösen Prozession um den Egelsee. Sie trugen dabei Marienstatuen mit sich, die aus ihren Ursprungsländern stammen. Das Fest fand dieses Jahr bereits zum 20. Mal statt.

«Was ist denn das?», fragte mich eine junge Frau am Wegesrand ungläubig. Sie trug ein Baby auf dem Arm. Das sei, so erzählte ich ihr, eine religiöse Prozession, vornehmlich von Frauen mit Migrationshintergrund. Sie würden zu Ehren Marias, der Mutter Jesu, um den Egelsee laufen, um dann in der Kirche Bruder Klaus einen Gottesdienst zu feiern. Sie würden bei ihrem religiösen Umzug Marienstatuten tragen, beten und singen, die Mutter Gottes loben und ehren. «Das ist ja überaus interessant», beschied mir die junge Passantin, «gerade in Bern. Wir sind hier ja doch extrem reformiert geprägt, da ist kaum religiöse Praxis im öffentlichen Raum sichtbar». «Eigentlich», fuhr sie lachend fort, «könnte ich ja als lebendige Maria mitlaufen – als Mutter mit Kind.»

Die junge Passantin hat damit, wahrscheinlich ungewollt, den Kern des Festes sehr genau auf den Punkt gebracht. An der Maiandacht, während dieser Prozession und dann auch im Gottesdienst wurde deutlich, Maria gehört für diese Menschen ganz konkret zu ihrem Leben. Die Beziehung zu ihr ist eng verknüpft mit der Lebensrealität der einzelnen Frauen. Das kam in den Wortmeldungen, den Auslegungen der Bibeltexte und in der Frömmigkeit zum Ausdruck.

Im Gottesdienst wurde ein Text aus dem Lukasevangelium vorgelesen. Darin heisst es, dass Maria und Joseph mit Jesus an ein Fest nach Jerusalem gingen. Der Junge war 12 Jahre alt und ging auf dieser Pilgerreise, es müssen viele Menschen dabei gewesen sein, verloren. Die Eltern fanden ihn schliesslich im Tempel. Sie schimpften mit ihm, dann aber kommt vor allem ihre grosse Sorge zum Ausdruck. «Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht», sagt Maria. Für die Frauen am Marienfest ist das vollkommen verständlich und klar. Das ist ihre Realität, ihr erlebter Alltag. Maria, das ist die einfache Frau aus dem Volk, die Mutter, die sich um ihren Sohn sorgt, sie muss die Familie zusammen halten. Diese Ehrlichkeit, diese Alltäglichkeit brachten die Frauen in ihren Gedanken zum Ausdruck.

Das Motto lautete denn auch «Maria, Hüterin unserer Sehnsucht». Die Sehnsüchte mögen unterschiedlich sein, der Glaube an Maria ist es auch. Genauso unterschiedlich wie es die Statuen sind. Am Marienfest aber wurde dieser Glaube gemeinsam gefeiert, vielseitig und bunt. Man hat verschiedene Sprachen und unterschiedliche Traditionen, aber man ist mit Maria gemeinsam unterwegs. Man spürte eine Verbundenheit. Das Vaterunser beispielsweise wurde in der jeweiligen Muttersprache gebetet. Ein babylonisches Stimmengewirr erhob sich in der Kirche, gleichwohl war allen bewusst, was man betet und alle waren sie zusammen fertig. «Das sei schon sehr bereichernd», erzählt mir eine Banknachbarin, «eine Horizonterweiterung». Sie ist per Zufall auf das Fest aufmerksam geworden und aus Neugier gekommen. «Maria steht mir als Frau halt irgendwie näher.»

Die Theologin Katrin Schulze hat im «pfarrblatt» treffend geschrieben: «Maria lässt sich nicht endgültig festlegen – man kann sie nicht als einzelne Statue auf einen Altar stellen und dort bleibt sie dann. Sie klettert immer wieder von ihren Altären runter, sie steigt aus ihren Bildern – um mit den Menschen zu sein.»

Das Fest ging mit einer ausgiebigen «Teilete» und diversen kulturellen Beiträgen zu Ende. Vielfältig, vielsprachig und bunt bis zum Schluss.

Andreas Krummenacher

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