Völlig entspannt. Seit 60 Jahren Priester: Schönstattpater Josef Gürber. Foto: Hanspeter Delacrétaz

Ordensmann und Menschenfreund

Pater Josef Gürber feiert sein 60jähriges Priesterjubliäum - völlig entspannt und hochmotiviert..

im Januar 1945 leistete der damals 23-jährige Josef Gürber aus Eschenbach Wachdienst auf einer Brücke im Grenzland in der Nordschweiz und erkältete sich ernsthaft. Das war der Start in eine neue Lebensperspektive. Am 17. März feiert der kleingewachsene, aber grosse Menschenfreund und heitere Schönstattpater sein 60-Jahr-Priesterjubiläum.

93 ist er heute und serviert behände in der guten Stube der Berner Schönstattgemeinschaft Kaffee. Dann setzt er sich entspannt auf das Sofa und beginnt zu erzählen.
Aufgewachsen ist er in einer Familie mit sieben Kindern. Der Vater war Strassenmeister. Das Geld reichte knapp, die Familie über Wasser zu halten. Nach einem Welschlandaufenthalt, der dem Familienmenschen Gürber ziemlich zusetzte, entschloss Josef sich, eine Lehre zu suchen, in der er von Anfang an Geld verdiente. Damals musste man, um eine Lehre absolvieren zu können, meist etwas bezahlen. Und das Geld hatte er nicht. Als Käserlehrling bekam er um die 50 Franken Lohn pro Monat. Und es gefiel ihm: «Der Kontakt mit den Menschen aus dem Dorf kam mir sehr entgegen.» Dann schmunzelt er: «Wir Käser wussten mehr von den Leuten als der Pfarrer. Dieser hätte ja Geschichten dann auf der Kanzel verwenden können.»

Als Spätberufener ...

1945 leistete er seinen militärischen Grenzwachtdienst, erkrankte und kam in die Militär-Sanitäts-Anstalt Grindelwald: «Dort habe ich ein Zimmer mit einem Theologiestudenten geteilt. In mir schlummerte schon lange der Wunsch, Priester zu werden. Ich wagte es aber damals nicht, mich dem Pfarrer oder jemand anderem anzuvertrauen. In Grindelwald konnte ich das erste Mal auf Augenhöhe mit einem Gleichaltrigen über meinen Wunsch sprechen.
Darauf habe ich Mut gefasst und mich bei unserem Pfarrer gemeldet.» Josef Gürber trat in Ebikon als Spätberufener ins Seminar St. Clemens ein, das von den Pallottinern geleitet wurde. Am 17. März 1956 wurde er zum Priester geweiht, am 1. April desselben Jahres feierte er in seinem Heimatdorf Eschenbach LU Primiz. «Damals musste ich mich auch entscheiden, ob ich Weltpriester oder Ordensmann werden wollte. Aufgewachsen in einer grossen Familie fiel mir der Entscheid leicht.» Er trat den Pallottinern bei und schloss sich später dem Schönstattzweig an.

Authentischer Prediger

Theologie hat er in Fribourg studiert. Er unterrichtete später dort auch Jugendliche: «Ich musste mir damals die Unterrichtseinheiten selber zusammenstellen. Ich besorgte mir eine kleine Druckmaschine dafür.» Die hat er dann 1976 auch nach Bern gezügelt und druckte unzählige Karten für verschiedenste Anlässe, auch für seine Arbeit als Spitalseelsorger.
In Bern, im Seminar Marzili, in Hofwil und in der Länggasse begleitete er über 35 Jahre lang Menschen im Unterricht, in Glaubenskursen und in Kursen für Konvertiten. Ein Teilnehmer seiner Glaubenskurse schrieb über Josef Gürber zu dessen 70. Geburtstag im «pfarrblatt»: «Als knapp 30-jähriger Naturwissenschaftler zweifelte ich, ob die katholische Kirche in der heutigen, komplizierten, technisierten Welt noch was zu bieten hat. (....) Der bescheidene, heitere, für drei arbeitende ehemalige Käserlehrling schaffte es in nur einem Jahr, mich vom katholischen Glauben zu überzeugen.» Pater Gürber lächelt.
Er hat mit dieser Familie heute noch Kontakt. In verschiedenen Berner Pfarreien leistete er, wie seine Mitbrüder, priesterliche Dienste, feierte über dreissig Jahre Gottesdienste in der Inselkapelle und heute noch in der Dreifaltigkeitskirche den Frühgottesdienst am Montag. Viele schätzen ihn als authentischen Prediger. Frei sprechend, versteht sich.

Eine andere Dimension

Mittlerweile überblickt Pater Gürber 60 Jahre Kirchengeschichte. Seine Bilanz: «Ich habe in den 1970er Jahren an Symposien in Zürich teilgenommen, die das II. Vatikanische Konzil aufarbeiteten. Heute denke ich, ein drittes Konzil täte gut. Aber das ist eine andere Dimension. Ich bin hier mit den Menschen unterwegs, für die ich gesandt bin. Ich finde es wichtig, dass Fragen gestellt werden zur Kirche, ja sie in Frage gestellt wird. Das gibt Gelegenheit zu guten Glaubensgesprächen.»
Seine Energie ist ungebrochen. Und doch drängt sich die Frage auf, wie geht ein Glaubensmann wie er mit der eigenen Endlichkeit um? Pater Josef beugt sich vor: «Wenn sie ein Leben lang das ‹Gegrüsst seist du Maria› gebetet haben, wo es heisst ‹bitt’ für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes›, dann kann man nur mit Zuversicht aufs Ende blicken. Und im Übrigen, solange ich gesund bin, arbeite ich weiter, wenn man mich brauchen kann», steht auf und fragt gelassen, ob ich noch einen Kaffee wolle.

Jürg Meienberg

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