«Rechtsrutsch»

Zwei Tage nach ihrer Voll­versammlung vom 2. – 4. März in Genf sind die Schweizer Bischöfe unge­heuer präsent in den Medi­en:

Von SRF über kath.net bis ORF wurden die drei Sätze aus dem äusserst kurzen Communiqué kolportiert, die besagten, dass die Segnung homosexueller Paare nicht möglich und die Kirchenlehre nicht von Bischöfen zu än­dern sei. Flankiert wurden diese Sätze von den Ausfüh­rungen Markus Büchels, laut SRF der «oberste Schweizer Katholik», der in schwammi­gen Worten zu erklären ver­suchte, dass Homosexuelle in der Kirche zwar willkommen seien und dass jeder Mensch gesegnet werden dürfe, dass die Segnung einer homose­xuellen Verbindung jedoch wegen der Verwechslungs­gefahr mit einer Trauung ver­boten sei, auch wenn das Kir­chenrecht solche Segnungen nicht verbiete.
In der Presse­mitteilung der Schweizer Bi­schofskonferenz SBK hiess unter dem Titel: «Kirchliche Segnung gleichgeschlechtli­cher Paare»: «Aus aktuellem Anlass besprachen die Bi­schöfe die Frage der Seg­nung gleichgeschlechtlicher Paare. Sie erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass diese nicht möglich ist und dass es nicht in ihrer Kompe­tenz liegt, Lehre und Disziplin der Kirche zu ändern. Der konkrete Vorfall in Bürglen und seine Klärung obliegt den zuständigen Diözesanbi­schöfen.» In den Printmedien vom 6. März finden sich Kom­mentare und Analysen, die nach Erklärungen für das Un­verständliche suchen.

Laut NZZ ist der Entscheid der Bischöfe der Ausdruck ei­ner Stärkung des Bistums Chur durch die SBK. Zwar sei es ein offenes Geheimnis, dass manche Bischöfe bei Verstössen gegen das Kir­chenrecht ein Auge zudrück­ten, «doch im Fall Bürglen schweigen diese Vertreter des progressiven Kirchenflü­gels weiterhin.» Immerhin er­wähnte Markus Büchel in der Sendung «10 vor 10» eine lan­ge Diskussion, die der Ver­lautbarung vorangegangen sei.
Noch deutlichere Worte findet Michael Meier im «Ta­ges-Anzeiger». Für ihn ist das knappe Communiqué ein weiterer Hinweis auf einen Rechtsrutsch innerhalb der SBK. Gestützt wird er in die­ser Ansicht von Willi Ander­au, Mediensprecher der «Pfarrei-Initiative». Tonange­bend seien neben Huonder die neuen Bischöfe im Bistum Lausanne-Genf-Freiburg, Charles Morerod und Weihbi­schof Alain de Raemy.
«Das Communiqué zeigt, dass es für Huonder ein Leichtes ist, die führungsschwache Bi­schofskonferenz mit faits ac­complis und eigenen Stel­lungnahmen unter Zugzwang zu setzen», analysiert Meier. Unterstützt werde der Bi­schof dabei von seinem ge­wieften Sprecher Giuseppe Gracia, den Mariano Tschuor in seinem Kommentar im Bündner Tagblatt (2. März) wenige Tage vor der SBK-Ver­sammlung als den «neuen Bi­schof von Chur» bezeichnet hatte. Für die Gläubigen von Bürglen ändert sich derweil wenig an der Situation. «Für uns steht die gewünschte Sanktion in keinem Verhältnis zur vermeintlichen Verfeh­lung», sagt der Bürgler Kir­chenratspräsident Peter Vor­werk gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung». Die Bürg­ler stehen weiterhin ge­schlossen hinter ihrem Pfar­rer. Dieser hat sich mit dem Westschweizer Bischof Mo­rerod getroffen, in dessen Bistum er geweiht worden war und der ihn nun dorthin zurückruft. In einer gemein­sam unterzeichneten Erklä­rung versprechen Bucheli und Morerod, dass sich beide Parteien um eine friedliche Lösung bemühten. Spätes­tens Ende April will Chur sich wieder öffentlich zu Wort melden.

Sylvia Stam/kath.ch/Jürg Meienberger

 

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