Der Leiter der Fachstelle Religionspädagogik, Beat Zosso, vor der Krippe der Kirche im
freiburgischen Düdingen. Ende Jahr geht er in Pension. Foto: Pia Neuenschwander

«Religion soll befreien, nicht ein engen»

Beat Zosso, der Leiter der Fachstelle Religionspädagogik, geht in Pension

 

Er war massgeblich beteiligt am Aufbau der Aus- und Weiterbildung von Katechetinnen und Katecheten der katholischen Kirche im Kanton Bern. In den Strukturen der Kirche hat er in der Katechese Spielwiesen gefunden und genutzt, die ihm so viel Freiheiten gaben, dass er blieb. Nun geht er in Pension: Beat Zosso.


Er ist ein treuer Mensch,
Beat Zosso. Seit seiner Geburt lebt er im freiburgischen Düdingen, verwurzelt in katholischem Umfeld, und seit Beginn seiner Berufskarriere steht er im Dienste der Bildung. Nach wenigen Jahren als Primarlehrer widmete er sich der Katechese und engagierte sich in unterschiedlichen Formen dem kirchlichen Kinder- und Jugendunterricht. Elf Jahre lehrte er in der Pfarrei Düdingen, bevor er nach Bern an die Fachstelle Religionspädagogik der Röm.-kath. Landeskirche des Kantons Bern wechselte. Als deren Leiter befasste er sich mit der Aus- und Weiterbildung von Katechetinnen und Katecheten, der Vernetzung von Pfarreien und Projektarbeiten zur Entwicklung von Lehrmaterial. Nun geht er in Pension.

Er ist ein frei denkender Mensch. Nach zweijähriger Tätigkeit als Primarlehrer 1973–1975 bildete er sich am Katechetischen Institut der Theologischen Fakultät Luzern zumReligionslehrer und Katecheten weiter. Mit der «Synode 72» – hier wurden die Dokumente des 2. Vatikanischen Konzils in der Schweiz umgesetzt – hoffte Zosso auf eine liberalere Kirche. Diese sollte unter anderem den Laien mehr Rechte und Mitverantwortung zugestehen. Diese Hoffnung wollte sich nicht erfüllen. Er setzte umso mehr auf Theologen wie Leonardo Boff, Hans Küng, Karl Rahner, die für eine offene, befreiende Theologie einstanden. Nichtsdestotrotz liess sich Beat Zosso nicht davon abhalten, Religionsunterricht zu geben. «Der religionspädagogische Bereich räumt viel Freiheiten ein», sagt er, «und erlaubt eine ausserordentliche Kreativität. Diese Freiheiten als Lehrer hielten mich auch bei der katholischen Kirche. Religion soll befreien, nicht einengen.»

Er ist ein kommunikativer Mensch. Zosso gehörte im Raum Bern zu den Wegbereitern für eine ökumenische Zusammenarbeit mit der reformierten Kirche, insbesondere im Bildungsbereich. «Für die Protestanten war die kirchliche Unterweisung unter der Woche etwas Neues», erklärt er. Gleichzeitig unterstützte er über die Lehrerweiterbildung die schulischen Bemühungen, im neuen Schulfach Natur-Mensch-Mitwelt NMM, den interreligiösen Dialog und den gegenseitigen Respekt unter Konfessionen und Religionen zu fördern.
Der Dialog mit den Protestanten ist inzwischen längst gefestigt. Die heutige Herausforderung bildet laut Zosso die Zuwanderung von Katholiken aus aller Welt, darunter Portugal, Brasilien, Kroatien und Kenia – ein Zusammenprall der Kulturen innerhalb der gleichen Kirche. Inzwischen stünden sieben Frauen aus verschiedenen Ländern in Ausbildung, um eine Brücke zu ihren Landsleuten zu bauen. Migrantinnen und Migranten bilden heute rund 50 Prozent der Berner Katholiken. «Dieser Zuwanderung verdanken wir den Zuwachs an Mitgliedern», sinniert Zosso. «Ohne sie gäbe es bei uns den gleichen Mitgliederschwund wie bei den reformierten Mitchristen.»

Er ist ein kreativer Mensch. Nicht ohne Stolz verweist Zosso auf den Aufbau der sogenannten Versöhnungswege, die im Raum Bern entstanden und mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus ihren Platz gefunden haben. Das Sakrament der Versöhnung sollte für Kinder und ihre Eltern wieder zur Lebenshilfe werden. Religionspädagogische und entwicklungspsychologische Überlegungen spielten dabei eine wichtige Rolle. «Deshalb wurde die Hinführung zum Sakrament der Versöhnung nach der Kommunion angesetzt. Denn Kinder sind eher kommunionfähig als beichtfähig», ist er überzeugt. Er hat dazu mit einer Gruppe von Autoren (Markus Arnold, Karl Graf, Angelo Lottaz) ein Buch geschrieben und einen Videoclip produziert.
Zentral dabei ist, dass sich die Kinder für ihren Versöhnungsweg eine Vertrauensperson aussuchen. Nebst einem Priester können dies auch Katechetinnen, Paten oder ein Elternteil sein. «Die Eltern reagierten begeistert», erinnert er sich. Das lässt sich ein Stück weit als Befreiung aus einemengen, kirchlichen Korsett interpretieren. Mit dem Weg der Versöhnung hat Zosso Kreativität bewiesen.
Nun zieht er sich zurück. «Ich werde nun mit meiner Frau neue Lebensräume entdecken können», freut er sich. Düdingen und dem katholischen Glauben wird er treu bleiben, und in Gesprächen kann man bei ihm auch ausserhalb der Schulzimmer weiterhin viel lernen.

Hannah Einhaus


Fachstelle Religionspädagogik

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